El Hierro wurde bereits vor mehreren Jahren von der UNESCO zum Biosphärenreservat ernannt. Die kleine Insel misst 278 Quadrat-Kilometer und ist die südlichste Erhebung des Kanarischen Archipels, vielfach als Geheimtipp für Individualisten gehandelt. Hierro entsprach noch nie dem „Stereotyp der Kanaren“, denn diese Insel ist nach wie vor sehr ursprünglich. Daher wird sie auch El Tranquillo – „Die Ruhige“ genannt. Vielleicht liegt darin die Kraft dafür, einen klügeren Weg zu gehen, als die anderen Kanarischen Inseln. Viele Herrenos leben und arbeiten im Einklang mit der Natur. In Cooperativen organisiert betreiben sie Viehwirtschaft, Landwirtschaft und Fischfang. An erster Stelle steht dabei die Versorgungsgrundlage der eigenen Bevölkerung.
Heute will ich mir den Regenwald etwas näher anschauen der hoch oben in den Bergen gelegen ist. Weil El Hierro keine wirklich hohen Berge hat, ziehen hier die Wolken ungestört durch die Wälder, so dass sich das Wetter stetig ändert und die Pflanzen ihren Wasserbedarf zu einem großen Teil aus der Luftfeuchtigkeit decken können.
Gegen Mittag geht es wieder einmal die großartige Straße vom „El Golfo“ den Berg hinauf. An einer der letzten Spitzkehren hat man einen schönen Blick auf die Insel und hier halte ich kurz an.
In meinem Tankrucksack habe ich heute wieder meine Fuji X-T1 und das Fuji XF 1,2/56mm sowie das Fuji XF 4/10-24mm. Dazu einige Graufilter und heute auch mal den HOYA IR72 Infrarot-Filter. Was ich damit angestellt habe gibt es weiter unten zu sehen.
Ist man erst einmal auf der „Höhe“ angekommen, so ist es bis zum Regenwald nicht mehr weit und man kann ihn nicht verfehlen, denn es führt auf dieser Route kein Weg daran vorbei.
Mitten im Regenwald gibt es einen Parkplatz auf dem ich mein Motorrad abstellen kann. Nun geht es mit dem lichtstarken 1,2/56mm Objektiv auf Motivsuche. Wegen des kleinen Chips der Fuji X-Serie entspricht dieses 56mm Objektiv einem Blickwinkel den man bei einer 35mm Kamera mit einem 85mm Objektiv hätte. Es ist also eigentlich eine reinrassige Portrait-Brennweite, die mehr für sahnige Hintergrundunschärfe als für absolute Schärfe konstruiert wurde. Blendet man dieses Objektiv jedoch ein klein wenig ab, sind trotzdem Fotos mit extremer Schärfe und unglaublichem Detailreichtum möglich.
Selbst wenn man mehrere Meter von seinem „Hauptmotiv“ entfernt ist, lässt sich dieses bei vollständig geöffneter Blende sehr schön vom Hintergrund freistellen. Auch hier gilt natürlich die alte Bauernregel: „Ist der Hintergrund weit weg ist das Bokeh am schönsten.“
Fast zwei Stunden lang robbe ich durch das Unterholz und bin auf der Suche nach immer neuen Motiven. Leider zieht der Nebel eher über die Bäume hinweg und nicht so durch den Wald hindurch wie ich es mir wünschen würde. Daher komme ich auf die Idee einige kleine Spielereien mit dieser sehr coolen Festbrennweite anzustellen.
Zurück beim Parkplatz gibt es etwas zu Trinken und dabei fällt mir auf, dass gleich neben mir eine Wasserstelle ist. Es gibt vier Wasserhähne die man kurz drückt und die sich nach etwa 30 Sekunden wieder schließen. Vor Kopf ist ein richtiger Wasserhahn und darunter in einem kleinen Becken aus Jahrtausende alter Lava, schauen die grünen Blätter einer kleinen Pflanze hervor. Ich stelle meine Kamera auf das Stativ und schieße bei hoher ISO-Epfindlichkeit und vollständig geöffneter Blende einige Serien bei acht Bildern pro Sekunde. Als ich das habe was ich mir vorstelle geht meine Fototour auch schon weiter.
Nun habe ich das Fuji XF 4/10-24mm Weitwinkel auf meine Fuji X-T1 montiert. Hier entspricht der Blickwinkel einem 16-35mm Objektiv an einer 35mm Kamera. Blendet man dieses Objekt um zwei Blendendstufen ab, so ist es unglaublich scharf und die Fotos strotzen nur so voller feiner Details.
Nach etwa einhundert Fotos montiere ich schließlich den HOYA IR72 Infrarot-Filter an mein Weitwinkelobjektiv. Das 10-24mm hat einen Filterdurchmesser von 72 Millimetern. Meine Filter habe ich für die Mehrzahl meiner Nikon Vollformat-Objetkive gekauft und diese haben fast alle ein 77mm Filtergewinde. Daher muss ich einen Filteradapter benutzen und die Fuji-Gegenlichtblende passt nun nicht mehr. Aber in Verbindung mit dem Filteradapter und dem großen 77mm Filter werden die Bildecken nicht abgedunkelt, ein sehr angenehmer Nebeneffekt.
Hier nun einige völlig unbearbeitete JPGs so wie sie meine X-T1 beim Weißabgleich für bewölkten Himmel geliefert hat. Es sieht aus als stünde der Regenwald in Flammen, ein sehr cooler Effekt!
Hier nun ein Foto mit etwas anderem Weißabgleich. Die Fuji X-T1 bietet die Möglichkeit den Weißabgleich direkt in Kelvin einzugeben. Damit kann man sehr effizient die Farbigkeit der Fotos steuern.
Nachdem ich etwa zwei weitere Stunden im Regenwald verbracht habe, geht es weiter zu den großen Pinien. Diese Bäume sind wirklich beeindruckend. Damit man die Abmessungen dieser Bäume besser erkennen kann, stelle ich meine X-T1 so ein, dass sie alle 10 Sekunden ein Foto aufnimmt. Nun laufe ich mal vor und stelle mich als „Maßstab“ unter einige dieser gewaltigen Kanarischen Pinien. Das hat was, diese Bäume sind wirklich atemberaubend. Schaut man sich die Stämme genauer an, so sieht man überall schwarz verkohlte Rinde. Der Grund sind Waldbrände welche diese Wälder regelmäßig heimsuchen. Aber diese Bäume halten das irgendwie aus. Würde man bei einer deutschen Buche die Rinde verbrennen, sie wäre schnell abgestorben, nicht so die Kanarischen Pinien!
Die nächsten Fotos habe ich via Photoshop aus den RAW-Dateien konvertiert und dann mit NIK Silver Efex in Schwarz-Weiß umgesetzt.
Von den wunderbaren Pinien geht es nun kreuz und quer über die Insel zurück zu meinem Appartement in Frontera. Hier habe ich noch einige Fotos der letzten Tage die ich am Abend auf meiner Festplatte „gefunden“ habe.
El Hierro hat es mir wirklich angetan. Den ganzen Tag über war ich oben im Regenwald vollkommen allein. Keine Wanderer, keine Autos, nur der Nebel, meine Fuji und ich. Diese Insel ist zwar klein, aber da hier nur einige tausend Menschen leben gibt es für jeden einzelnen von ihnen wirklich viel Platz. Kinos, Einkaufszentren, Freizeitparks usw. sucht man hier vergeblich. Wer hierher kommt sollte seine Wanderschuhe dabei haben und sich auf einem Aufenthalt im Einklang mit der Natur einstellen.
Wer Cocktails, Nachtleben, Shopping-Centren und Attraktionen sucht, der ist auf Teneriffa oder Gran Canaria sicher besser aufgehoben. Für mich ist diese Insel im Augenblick einfach perfekt. Hier kann ich einfach „sein“ und es gibt nichts was ich machen muss oder auch eben nicht. Das Gefühl unbedingt los zu müssen, weil ich sonst etwas verpassen könnte, das gibt es hier nicht mehr. Ich bin entspannt und ruhig, genieße jeden Tag und sitze am Abend lange bei einem Glas Weißwein aus Frontera auf meinem Balkon und schaue mir diesen schier unglaublichen Sternenhimmel an.
Bereits auf Teneriffa konnte ich die Sterne nachts gut erkennen, aber hier gibt es noch viel weniger Umgebungslicht, so dass ich am Abend um 10h die Kassiopeia ganz klar vor mir erkennen kann.
Morgen gibt es ein kurzes Video das ich in der Nacht mit meiner X-T1 und dem 1,2/56mm Objektiv aufgenommen habe. Dieses echt cool Kamerasystem erstaunt mich jeden Tag aufs Neue…
Sehr ansprechende Fotos aus dem Nebelwald – da bekomm ich gleich wieder Fernweh und es zieht mich Richtung Kanaren… Ich durfte letztes Jahr den Nebelwald im Garajonay Nationalpark auf Gomera erleben. Die Stille dort ist so unbeschreiblich und man kann Stunden dort verbringen ohne, dass es langweilig wird.
Freue mich auf jeden Fall auf weitere El Hierro Impressionen!
Beste Grüße,
Patrick
Diesen Wald nehme ich mir in der übernächsten Woche vor 🙂 Ich bin gespannt!!!
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Die Fotos sind echt schön, und der Text liest sich so entspannt und ruhig wie du den Tag verbracht hast … einfach super.
Danke für dieses Lob 🙂