Tag 133 – Meine Fototasche 2015

Es ist Sonntag der 15. November und die Nachricht der verheerenden Terroranschläge des Freitags wirken bei mir noch nach und eigentlich habe ich keine Lust zu gar nichts. Während meiner Zeit auf Lanzarote war die Luft geschwängert mit feinem Sandstaub aus der Sahara, es war wieder Calima. Heute ist es etwas klarer, die Schwerkraft hat gewirkt und ein großer Teil der Staubpartikel ist mittlerweile regelrecht vom Himmel gefallen.

Ich bin zwar lustlos und ich habe Hunger. So entschließe ich mich um 9h zum Mirador del Rio zu fahren. Als ich gerade mein Motorrad starten will fällt mir auf, dass ich nur meine Badeschlappen an den Füßen habe. An diese Dinger habe ich mich während der letzten Monate so sehr gewöhnt, ich mag sie gar nicht mehr ausziehen. Socken haben ich nur beim Motorradfahren getragen. Das Klima ist hier so mild, dass man eigentlich keine Socken braucht und jeden Tag barfuß oder in offenem Schuhwerk unterwegs sein könnte. „Freiheit für die Füße!!“ – das kam mir in den vergangenen Monaten schon oft in den Sinn.

Beim Mirador angekommen hat dieser gerade erst geöffnet. Einer der Mitarbeiter hat wohl gehört wie ich langsam und etwas unentschlossen mit meinem Motorrad auf den großen Parkplatz gerollt komme. Neugierig schaut er neben dem Kassenhäuschen vorbei. Ich selbst schaue mich auch etwas um, ob es nicht eine Möglichkeit gibt ohne Geld zu bezahlen zu müssen den schönen Blick auf La Graciosa genießen zu können. Aber überall stehen Verbotsschilder. Nach Feierabend könnte man sicher zu Fuß seitlich am Mirador die Mauer hinaufklettern und kostenlos auf La Graciosa schauen, aber während der normalen Öffnungszeiten wird man sicher Ärger bekommen wenn man diese Verbote missachtet.

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Wer nicht zahlen will, der kann aber ggfs. etwa 200 Meter weiter unten auf der Straße stehen und fotografieren. Der Winkel ist dann etwas anders, aber kostenlos und ganz ok. Ich zahle das Eintrittsgeld in Höhe von 4,50 Euro und gehe mit meiner Fuji X-T1 und dem XF 4/10-24mm ans Werk. Vor dem Objektiv habe ich meinen B&W ND1000 Graufilter. So kann ich schön lange belichten und das Meer rund um diese kleine achte Kanareninsel sieht jetzt wunderbar glatt und weich aus.

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Später schieße ich noch einige Fotos mit dem XF 55-200mm Telezoom. Nun kann man auch Details dieser kleinen Insel erkennen. Auf La Graciosa gibt es keine Autos und keine ausgebauten Straßen, es ist eine Insel für Aussteiger und Wanderer. Von dieser Insel hat man besonders in den Abendstunden einen schönen Blick auf die Steilküste von Lanzarote, die während des Sonnenuntergangs in schönen Farben leuchtet. Die letzten Tage waren leider durchweg trüb und die Sonnenuntergänge eher langweilig. Daher habe ich mir einen Ausflug nach La Graciosa in der Hoffnung auf besseres Wetter aufgespart. Aber der Wettergott hat derzeit leider wenig Verständnis für die Bedürfnisse von begeisterten Fotofreunden.

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Weil das Licht ziemlich langweilig ist, versuche ich mich mit meinem HOYA IR72 Infrarot-Filter vor meinem Weitwinkelobjektiv. Die Strukturen der Landschaft lassen sich damit schön herausarbeiten. Aber der Himmel ist heute langweilig grau. Also gönne ich mir später den kleinen Spaß und schiebe mit Photoshop aus einem Foto eines anderen Tages den Himmel über La Graciosa. Dieses Foto ist also ein Fake und es ist nicht ernst gemeint. Wer genau hinsieht wird auch sofort den Fake bemerken, denn es gibt weder über dem Meer noch über La Graciosa ein Schattenspiel das zu den Wolken passen würde. Derlei Bildmanipulation ist leider sehr beliebt und vor etwa zwei Jahren gab es bei einem internationalen Fotowettbewerb einen Eklat als auffiel, dass das von der Jury zum Gewinner gekürte Foto ganz ähnlich manipuliert worden war.

Sieht man Fotos mit extrem krassen Wolkenstrukturen, so lohnt sich daher stets ein sehr kritischer Blick.

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An der Fuji X-T1 macht mir die Infrarot-Fotografie keinen rechten Spaß. Es liegt aber weniger an der Kamera als vielmehr an einem physikalischen Effekt der dazu führt, dass sich auf allen Fotos mit dem IR72 Filter in der Bildmitte ein heller Fleck zeigt, den man in jedem einzelnen Foto aufwändig retuschieren muss. Das nervt und ich werde wohl auf künftigen Reisen wieder meine auf Infrarot umgebaute Nikon 1V1 mitnehmen.

Was ich bei der Fuji sehr mag ist der vollautomatische Panorama-Modus. Auch heute spiele ich etwas damit herum und so entsteht innerhalb weniger Sekunden ohne weiteres Zutun ein 180° Panoramafoto.

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Später nehme ich unten im Restaurant noch einige Fotos auf, bevor ich mir ein völlig überteuertes kleines Frühstück gönne.

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Der Rückweg zu meinem Appartement ist etwas schwierig. Es ist Sonntag und im Dörfchen YE ist heute ein Fest. Schon auf dem Hinweg hatte ich gesehen, wie dort Lautsprecher aufgestellt und Fähnchen aufgehängt wurden. Die Polizei war dabei alles abzusichern, nun ist der gesamte Ort gesperrt. Und so dauert es eine Weile bis ich gemeinsam mit einigen völlig verunsicherten Urlaubern in ihren Mietwagen einen Ausweg aus den schmalen Gassen von YE gefunden habe.

Zurück in meinem Appartement weiß ich nicht recht was ich mit dem angebrochenen Tag machen soll und entschließe mich ein kleines YouTube-Video aufzunehmen. Während der letzten Reisen habe ich immer mal wieder meine Fototasche ausgepackt und gezeigt welches Equipment ich verwende und was ich wofür benutze. Diese Videos kamen sehr gut an und ich habe inzwischen mehrere E-Mails erhalten in denen ich gebeten wurde etwas zu meinen Fuji Kameras zu sagen.

Also montiere ich meine Fuji X-E2 samt 1,2/56mm Porträt-Tele auf mein Stativ und versuche alles so einzustellen, dass es einen schönen unscharfen Hintergrund gibt. Bei offener Blende hat dieses Objektiv bei einem Abstand von wenigen Metern nur etwa 20-30cm Tiefenschärfe. Das sieht im fertigen Video sehr gut aus, aber es ist unglaublich schwierig korrekt zu fokussieren wenn man allein ist. Man muss auf einen Punkt im Raum fokussieren an dem später das eigene Gesicht sein wird. Ich versuche es mit meinem Smartphone. Fuji liefert APPs für iOS und Android. Aber sie sind relativ primitiv, man kann damit keine Video-Aufzeichnung starten und das finde ich ziemlich traurig, denn das wäre ein wirklich sinnvolles Feature für alle die gern YouTube-Videos aufnehmen.

Auch hat das 1,2/56mm Objektiv keine mechanische Kopplung zwischen Fokusring und Linsensystem. Das manuelle Fokussieren wird vom Computer der Kamera gesteuert. Der Fokusring hat keinen Anschlag und kann endlos gedreht werden. Dreht man ihn zu schnell passiert gar nichts. Es ist noch immer so wie damals bei der Fuji X-100 und damals hat es mich schon genervt. Für Videos verwende ich daher an dieser Kamera sehr gern alte manuelle fokussierte Nikon Objektive in Verbindung mit einem Adapter. Aber das habe ich alles nicht dabei und so versuche ich irgendwie den korrekten Fokuspunkt zu finden.

Ich nehme eine kurze Testsequenz auf, schaue sie an, fokussiere neu, filme mich kurz, schaue nach, ändere wieder – es ist nervtötend. Schließlich stelle ich meine Fototasche auf die Lehne meines „Moderatoren-Sessels“ und fokussiere auf die vordere Kante. Nun stimmt alles, endlich… Den Ton würde ich gern mit meinem iPod und meinem RODE SmartLAV Ansteckmikrofon aufnehmen, aber ich kann das Ladekabel für meinen iPod nirgends finden. Wahrscheinlich habe ich es meiner Freundin Sandra eingepackt als sie vor ein paar Wochen von Gran Canaria zurück nach Deutschland geflogen ist. So muss ich den Ton mit meinem Telefon aufnehmen. Doch für Android gibt es die sehr gute RODE-App leider nicht. Daher versuche ich es mit einer einfachen APP für Audio-Aufnahmen. leider beherrscht sie nur Aufnahmen mit 44,1 kHz. Die Fuji X-E2 zeichnet den Ton mit 48 kHz auf. Fügt man diese Tonspur später in iMovie dem Video hinzu, so wird sie etwas zu kurz sein, weil iMovie keine intelligente Anpassung der Sampling-Frequenzen durchführt.

Aber das kenne ich inzwischen und so klatsche ich am Anfang und Ende der Aufnahme kurz bei laufender Kamera in die Hände. Dadurch habe ich markante Stellen in Video und auf der separaten Tonspur und kann später mit dem Geschwindigkeitseditor in iMovie die Audiospur etwas langsamer abspielen, so dass sie synchron zum Video ist.

Das Appartement hat leider nur eine kleine Schiebetür und keine Fenster. Damit genug Licht für das Video im Zimmer ist, muss ich die Türe vollständig öffnen. Auf der Tonspur der Kamera hört man daher das Blubbern der Umwälzpumpe des Pools vor der Türe. Ohne mein Ansteckmikrofon wäre meine Moderation kaum zu verstehen.

Als ich mein Video auf dem Display meines Notebooks anschaue muss ich leider feststellen, dass trotz aller Mühe die ich mir gegeben habe alles unscharf ist. Ich habe keine Ahnung was die Fuji X-E2 da wieder gemacht hat, aber statt meines Gesichts ist nur der Griff der Tür zum Badezimmer scharf. Es ist frustrierend und ich versuche es erneut. Diesmal schalte ich den kontinuierlichen Autofokus ein und aktiviere die Gesichtserkennung. Fast 15 Minuten lang erzähle ich ein zweites Mal was ich zu meinem Fotorucksack zu sagen habe.

Beim Anschauen auf dem Notebook tritt wieder Ernüchterung ein. Es ist mal scharf, mal nicht. Sobald ich mich etwas bewege um mir eine Kamera zu greifen oder etwas zur Seite schaue, ist alles unscharf. Ich hasse den kontinuierlichen Autofokus wie die Pest denn ich kenne keine Kamera bei der er wirklich zuverlässig funktioniert, beim Videofilmen schon gar nicht. Beim Fotografieren klappt es schon mal wenn man Motive hat die sich sehr langsam bewegen. Aber in den meisten Fällen liefert der kontinuierliche Autofokus auch in Verbindung mit Gesichtserkennung usw. extrem viel Ausschuss. Leider muss man das so klar sagen, auch wenn die Kamerahersteller das sicher nicht gern hören wollen.

Beim dritten Anlauf ist dann endlich mein Video so scharf wie ich es mir vorstelle. Doch später werde ich feststellen, dass es einige leichte Übersteuerungen in der Tonspur gibt. Das Leben als YouTube kann wirklich hart und ungerecht sein…

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In meinem Appartement gibt es keinen Internet-Zugang und die Leitungen der Cafés weiter unten in der Straße sind so langsam, dass überhaupt nicht daran zu denken ist hier in Máguez irgendetwas bei YouTube hochladen zu können. Aber ich weiß nichts rechtes mit dem angebrochenen Tag anzustellen und so sitze ich eine Weile an meinem Küchentisch und schneide auf meinem kleinen Macbook mein Video zusammen. Als Videoschnittprogramm benutze ich iMovie. Es ist kostenlos und für einfache Aufgaben wie dieses kurze Video mehr als ausreichend.

Bis ich es bei YouTube hochladen kann wird noch eine Weile vergehen, wahrscheinlich werde ich dafür heim nach Deutschland fliegen müssen…

Für alle die es noch nicht kennen habe ich hier das Video zu meiner Fototasche, das ich Anfang des Jahres aufgenommen habe.

Ein Jahr zuvor habe ich auf Teneriffa dieses Video aufgenommen.

3 Kommentare zu “Tag 133 – Meine Fototasche 2015

  1. […] Tag 133 – Meine Fototasche 2015 […]

  2. Peter Herrmann

    Hallo Ansgar,
    soweit ich weiß, bist Du auch im Besitz einer Nikon 1 V3 mit vielen wunderbaren Objektiven. Was hat Dich bewogen, bei Deinem 100 Days of Freedom der Fuji XT-1 doch den Vortritt zu geben ?
    Beste Grüße aus Oberfranken
    Peter

    • Die Fuji fühlt sich einfach besser an und ich liebe die traditionelle Bedienung mit den vielen Rädchen. Aktuell überlege ich, ob ich auf dem Rückweg der neuen Nikon 1J5 mal eine Chance geben soll 🙂

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