Tag 134 – Lanzarote nach Gran Canaria

Es ist Montag der 16. November und heute muss ich nach nur 10 Tagen Lanzarote leider schon wieder verlassen. Es tut mir in der Seele weh, ich habe erst so wenig von dieser schönen Insel gesehen. Aber am Ende der Woche werde ich sehnsüchtig daheim in Deutschland erwartet. Meine liebe Freundin Sandra ist jetzt schon seit fast 5 Monaten allein und auch mein Sohn hat langsam Heimweh nach dem Papa. Der deutsche Schriftsteller Erhart Kästner hat einst folgendes geschrieben.

Da reist man und reist man und wird sich eines Tages bewußt, dass man auf Reisen ununterbrochen Heimweh aussteht. Gibt man das zu, so ist man vielleicht auch zu dem Eingeständnis bereit, dass es überhaupt der verborgene Sinn allen Reisens ist, Heimweh zu haben. (Zitat: Erhart Kästner)

Man könnte auch sagen: „Heimweh ist der Preis für das Verreisen“. Mein Heimweh ist derzeit eher gering. Ich sehne mich danach meine liebe Sandra, meinen Sohn und meine Familie wiederzusehen, aber ich der Preis dafür ist dieses Paradies verlassen zu müssen. Das Heimweh ist daher für mich derzeit viel leichter zu ertragen als für meine Sandra und meinen Sohn. Sie stecken daheim im Alltagstrott, müssen auf der Arbeit klarkommen oder die Schule meistern. Ich hingegen konnte bislang tun und lassen was ich wollte. Meine letzten fünf Monate waren spannend, abwechslungsreich, aufregend und jeden Tag immer wieder neu. Mein Heimweh ist leicht zu ertragen, denn diese wunderbare Reise hat mich für alle Entbehrungen entschädigt.

Ein Leben ohne schnelles Internet, ohne Netflix, ohne Fernsehen, ohne Radio, ohne Auto und nicht zuletzt ohne meine Freunde, all das wurde durch die unendlich vielen wunderschönen Eindrücke und Situationen während meiner Reise mehr als ausgeglichen.

Ob ich Heimweh habe? Nein, nicht wirklich! Das klingt sicher egoistisch, aber so fühle ich derzeit. Könnte ich meine Lieben auf die Kanaren „beamen“ und mit ihnen dort leben, ich würde es tun. Deutschland würde ich nicht vermissen, jedenfalls für einige Jahre nicht. Ist man irgendwann alt und krank, dann ist man sicher in Deutschland besser aufgehoben. Aber bis es so weit ist, wäre mein Leben auf den Kanaren ungleich schöner als in Deutschland. Hier habe ich keine gesundheitlichen Probleme, ich brauche kein Asthma-Spray, keine Tabletten, ich fühle mich fit, agil und gesund. Blicke ich zurück auf die vergangenen Monate, so waren es die besten Monate in meinem gesamten Leben!

Und doch muss ich heute meine lange Rückreise antreten. Am Morgen flitze ich noch schnell zum Postbüro in der Nähe meines Appartements. Es hat nur zwischen 8h und 9h geöffnet. Nachdem ich meine letzten Postkarten auf die Reise geschickt habe, packe ich mein Motorrad und starte um 9h in Richtung Playa Blanca im Süden von Lanzarote. Vor mir liegt ein Tag auf drei Inseln und ich werde mit einer Fähre von ARMAS und einer Fähre von FRED OLSEN fahren.

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Um mir die Fahrt etwas angenehmer zu gestalten suche ich mir eine schöne Route aus und genieße meine letzte Motorradtour auf Lanzarote.

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In Playa Blanca angekommen gibt es gegenüber des „Titty Caffee“ ein kleines Frühstück. Ich muss wirklich schmunzeln und mir kommt das „Titty Twister“ aus dem Film „From Dusk Till Dawn“ in den Sinn. Nur geht es hier ungleich gesitteter zu.

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Als ich im Hafen eintreffe bin ich der erste Fahrgast. Ein ARMAS Mitarbeiter sitzt auf einer Bank in der Sonne. Er winkt mich kurz heran, ich soll direkt an der Rampe zur Fähre parken, damit ich als Erster auf das Schiff kann.

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Die Überfahrt nach Fuerteventura dauert nur 35 Minuten und ich genieße die frische Seeluft am Deck dieses schönen Schiffes. Von Corralejo auf Fuerteventura geht es gleich weiter. Ich habe jetzt 2,5 Stunden um die Fähre in Morro Jable zu erreichen.

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Die Zeit vergeht wie im Flug und ich bin etwas wehmütig als ich den Wegweiser nach Pájara passiere, wie gern würde ich noch ein paar Tage im Casa Isaítas bleiben. Im Hafen von Morro Jable liegen schon die Fähren von ARMAS und FRED OLSEN bereit. Ich parke mein Motorrad wieder direkt vor der FRED OLSEN Fähre und laufe kurz rüber ins Fährbüro. Ein Ticket oder eine Reservierungsbestätigung konnte ich mir nicht drucken und so bin ich froh, dass es auch gar nicht notwendig ist. Ich zeige nur meinen Personalausweis und sage, dass ich eine Reservierung habe. Der Ausweis wird einmal kurz durch einen Schlitz in der Tastatur gezogen und schon bin ich eingebucht. Ich soll den Ausweis nur kurz den Kollegen zeigen, das kenne ich schon.

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Etwa 30 Minuten bevor die Fähre ablegen soll werden einige sehr große LKW rückwärts auf die Fähre gelotst. Einer der LKW Fahrer ist echt mit Schwung unterwegs und ich traue meinen Augen kaum, als er mit dem riesigen Anhänger rückwärts gegen das Geländer der Fähre fährt ohne es zu bemerken. Mehrere Mitarbeiter von FRED OLSEN haben das sich anbahnende Drama bemerkt und schreien laut und fuchteln wild mit den Armen. Nicht auszudenken was hätte passieren können, wäre sein Anhänger mit viel Schwung rückwärts von dieser Rampe gekippt.

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Nachdem alle LKWs verstaut sind, darf auch ich auf die Fähre. Ich werde wieder nach ganz hinten rechts durch gewunken. Ein Mitarbeiter von FRED OLSEN sichert mein Motorrad ziemlich akribisch, diese Fahrt ist etwas weiter und die See kann hier auch schon mal unangenehm rau werden. In der Brusttasche meiner Motorradlederjacke habe ich eine Packung SUPERPEPP, ein Kaugummi das sehr gut bei Übelkeit und Reisekrankheit hilft. Es ist meine Versicherung für die Fahrten mit den Fähren. Wirklich gebraucht habe ich diese Kaugummis bislang allerdings nur bei der langen Überfahrt von Huelva nach Teneriffa.

Kurz nach der ARMAS Fähre legen wir pünktlich um 16h in Richtung Las Palmas de Gran Canaria ab.

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Nach etwa 60 Minuten können wir Gran Canaria schon sehen, bis wir im Hafen anlegen können wird eine weitere Stunde vergehen. Über Gran Canaria hängt ein milchig gelbe trübe Suppe am Himmel .Der Sonnenuntergang verdient seinen Namen eigentlich nicht. Es dauert vielleicht zwei Minuten, danach ist nur noch ein trübes Gelb am Himmel zu sehen. Calima ist für Fotofans die schlechteste Wetterlage auf den Kanaren.

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Ein Hotel habe ich diesmal nicht gebucht. In Las Palmas de Tenerife gibt es massenweise Hotels, irgendwas sollte da frei sein. Für Dienstag habe ich einen Termin bei BMW Marmotor klar gemacht. Daher wäre es schön in der Nähe übernachten und nicht weit fahren zu müssen. So schaue ich kurz in meinem TomTom Rider welche Hotels dort angezeigt werden, es sind echt viele. Gleich beim ersten Hotel muss ich aber feststellen, dass es verschlossen ist. Das nächste Hotel ist ausgebucht, ich versuche es gleich nebenan, auch ausgebucht. Schräg gegenüber ist noch ein Hotel, ich flitze in die Lobby so schnell es geht. Wohl ist mir nicht dabei, denn ich habe meine Kamera, Festplatten und vieles mehr „griffbereit“ auf meinem Motorrad verstaut. Aber auch dieses Hotel ist voll.

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Letztlich kurve ich fast zwei Stunden in Las Palmas herum, nur um überall abgewiesen zu werden, es ist frustrierend. Und auch Las Palmas ist frustrierend, diese Stadt ist schmutzig, laut und chaotisch. Es gefällt mir hier überhaupt nicht und ich kann nicht verstehen wie man hier Urlaub machen kann. Es geht weiter zu einem Hotel am Flughafen, hier sollte etwas frei sein. Aber auch Fehlanzeige… Ich fahre weiter in Richtung Maspalomas, gleich beim ersten Hotel neben der Autobahn frage ich nach, auch voll. Es ist wie verhext. Aber die nette Dame an der Rezeption ist hilfsbereit. Sie greift zum Telefon und versucht mir ein Zimmer zu organisieren, aber es gibt nichts mehr.

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Langsam ziehe ich ernsthaft in Erwägung einfach die Nacht vor der BMW Niederlassung zu warten bis sie in 10 Stunden öffnet, doch dann schnappe ich mir mein Smartphone und suche mit der APP von booking.com bis ich endlich ein halbwegs bezahlbares Zimmer gefunden habe. Noch schnell die Adresse ins TomTom eingeben und los…

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Im Hotel angekommen bekomme ich ein Zimmer im vierten Stock mit Blick auf die Partymeile von Playa del Inglés. Schnell das Gepäck hoch schleppen und jetzt etwas zu Essen suchen. Ich bin völlig fertig, es ist fast Mitternacht und ich habe jetzt seit vielen Stunden ein Hotel gesucht. Einige Tage später werde ich erfahren warum diese Hotels alle voll waren. Sie arbeiten mit Buchungsportalen zusammen und haben sich verpflichtet ein gewisses Kontingent an Zimmern bereit zu halten. Tun sie das nicht und ein Kunde bucht über das Portal ein Zimmer das bereits anderweitig vergeben wurde, so werden diese Hotels schnell aus dem Buchungsportal geworfen. So kann es sein, dass ein Hotel zur Hälfte leer steht, aber trotzdem kein Zimmer verfügbar ist.

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Vom Hotel geht es auf die Partymeile, letztlich finde ich ein kleines nettes Steakhaus und bekomme ein ziemlich gutes Filetsteak mit Gemüse und einer Ofenkartoffel. Das ist nach diesem langen Tag genau richtig.

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Zurück im Hotel ist es schon nach Mitternacht und die Musik wummert noch immer von der Partymeile durch die einfachen Fensterscheiben des Hotelzimmers. Ich stecke mir meine kleinen roten Stöpsel in die Ohren, aber das dumpfe Wummern ist unüberhörbar. Während der Nacht tue ich kaum ein Auge zu, was für ein krasser Tag.

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