Tag 138 – Teneriffa nach Bonn

Es ist Freitag der 20. November und heute geht es zurück nach Deutschland. Aus meinem großen Abenteuer „100 Days of Freedom“ sind nun schon „138 Days of Freedom“ geworden. Es war cool und es gibt eigentlich keinen Grund traurig zu sein, denn diese geniale Reise ist ja nicht zu Ende, sie wird nur für ein paar Wochen unterbrochen.

Nach dem Frühstück verabschiede ich mich noch von Jo und seinen Mitarbeitern. Danach geht es zusammen mit Claudia und Carlos zum Flughafen im Süden Teneriffas. Wir unterhalten uns lange und ich bin überrascht was sie hier alles gesehen und unternommen haben. Der Check-In am Flughafen dauert etwa 30 Minuten. Ich habe erst drei Tage zuvor online bei airberlin gebucht. Der Non-Stop-Flug kostet inkl. einem Koffer, einem Stück Handgepäck und einer Notebooktasche 165,- Euro. Es sind vier Schalter geöffnet und man kann hier für alle Flüge einchecken, wie praktisch.

Bei der Sicherheitskontrolle ist allerhand los. So kurz nach den Terroranschlägen wird scheinbar noch gründlicher kontrolliert. Als ich an der Reihe bin nehme ich mein Notebook auf der Fototasche und lege es mit meiner Uhr und anderen Dingen in eine der grauen Plastikschalen. Kurz durch den Metalldetektor und schon kann ich mir den Anschiss des Tages abholen. Empfangen darf ich ihn von einem grimmig drein blickenden Mitarbeiter mit einem langen dichten dunklen Vollbart. Er scheißt mich auf Spanisch zusammen und ich verstehe nur “ … Electronica … Electronica … Electronica … „. Ich weiß nicht was er will, bis mich ein anderer Mitarbeiter am Arm greift, mir andeutet alle meine Sachen zu nehmen und mich mit zurück auf die andere Seite der Schleuse begleitet. Dort fragt er mich auf Englisch so leise, dass sein Kollege es nicht hören kann, ob ich ihn verstanden hätte? Ich habe natürlich nichts verstanden. „No problem, please put all electronic devices into this box, all, really all electronic devices!“ Ok, das war unmissverständlich, ich muss jetzt meinen kompletten BMW Motorrad-Rucksack ausleeren. Ganz unten drin sind die sechs Festplatten mit meinen Bildern und Videos der Reise. Dann noch allerlei USB Kabel und anderes Zeugs. In meiner Fototasche sind ebenfalls allerhand Kabel, es ist ein tierisches Gefummel und ich brauche letztlich fünf Plastikschalen um alles auspacken zu können.

Nun muss ich abermals durch den Metalldetektor. Ich stelle mich etwas seitlich neben den Anfang der Schlange und gehe in den Metalldetektor als der Mitarbeiter mir zuwinkt. Eine Frau neben mir grummelt sich etwas in den Bart. Es klingt wie „Junger Mann ich war schon eher hier.“

Am Röntgengerät sitzt jetzt ein anderer Mitarbeiter. Er schaut erst auf den Monitor und kramt dann in den Schalen mit meinem Fotosachen und Kabeln herum. Als er nichts Verdächtiges findet, darf ich alles wieder einpacken. Das ist jetzt ein kleines Drama denn es war gar nicht einfach alles halbwegs ordentlich zu verstauen. Nun wird nur schnell gestopft und gedrückt bis alles irgendwie verschwunden ist und die Schalen leer sind.

Mir kommt meine Sandra in den Sinn, die bei einer ihrer letzten Rückreisen ihr MacBook in einer dieser Schalen vergessen hatte. Erst spät am Gate hatte sie es bemerkt und war den Tränen nahe als sie es wieder entgegen nehmen konnte. Irgendwie wäre es ja auch paradox, wenn an der Sicherheitskontrolle etwas gestohlen würde? Wobei, vorstellbar wäre es in diesem Durcheinander schon…

Als ich endlich auf dem absolut letzten Platz im Flugzeug sitze bin ich froh es geschafft zu haben. Ich habe Hunger und bestelle mir das SANSIBAR Chicken Menü. Dazu noch ein Gläschen Rotwein und der Tag ist gerettet.

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Meine liebe Sandra hatte mir nach Gran Canaria meinen BOSE Quiet Comfort 15 Kopfhörer mitgebracht. Dieses coole Ding hat ein aktives Noise-Cancelling und wenn man es im Flieger aufsetzt wird es sofort herrlich ruhig. So kann ich bei leiser grooviger Musik den Flug entspannt genießen.

Unterwegs gibt es noch eine ziemliche Überraschung. Während ich den Gang entlang schaue kommt mir plötzlich ein bekanntes Gesicht entgegen. Es ist Herbert der zusammen mit seiner Jutta für ein paar Tage auf Teneriffa war. Ich bin total überrascht, es gibt Zufälle im Leben die sind einfach cool.

Als wir in Düsseldorf ankommen habe ich schon eine Nachricht von meiner Sandra, sie wartet am Ausgang 5C auf mich. Als ich durch die Türe komme ist ihr die Freude allerdings nicht gerade ins Gesicht geschrieben. Sie ist stundenlang um den Flughafen gekreist und hat keinen Parkplatz gefunden. Nirgendwo konnte sie für ein paar Minuten halten und im Auto auf mich warten. Nun steht mein Auto im Parkhaus 3 und meine Sandra empfängt mich den Tränen nahe direkt am Ausgang. Sie freut sich, das kann ich sehen, aber sie weiß nicht ob sie lachen oder weinen soll. Als wir an meinem Auto ankommen ist es nicht abgeschlossen, der Heckklappe ist nur angelehnt. Statt abzuschließen hatte sie versehentlich den Knopf gedrückt der den Kofferraumdeckel öffnet.

Sie ist ziemlich durch den Wind, aber als wir endlich auf der A3 in Richtung Süden fahren geht es langsam wieder aufwärts. Sie erzählt mir jetzt was sie alles in den letzten Tagen erlebt hat und das war oft kein Grund zur Freude. Ich kann sie gut verstehen, dass sie nicht noch länger allein in Deutschland sein möchte und es ist schön wieder bei ihr zu sein.

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Sandra ist mit meinem Auto unterwegs, weil sie mir den Gefallen tun wollte die Winterreifen montieren zu lassen. Es ist in den letzten Tagen sehr kalt geworden und nach  einer viel zu milden Herbstzeit soll es jetzt so richtig kalt werden. Als wir fast in Bonn sind irritiert uns eine Warnanzeige im Cockpit. Es wird ein Symbol angezeigt das ich noch nie gesehen habe. Es sieht aus wie ein Reifen in dem ein Nagel steckt. Wie dem auch sei, das sieht nicht gut aus und wir sind schwer verunsichert.

Nach einer Weile fällt es uns wie Schuppen aus den Haaren! Die Winterräder haben keine Luftdrucksensoren, wohl aber die Sommerräder. Als Sandras Kumpel die Räder getaucht hat, wollte mir etwas Gutes tun und hat etwas Luft von den Sommerreifen gelassen. Diese liegen gerade auf dem Rücksitz, haben nur noch wenig Luft und werden trotzdem per Funk vom Bordcomputer erfasst. Daher die völlig korrekte Warnung, dass meine Reifen komplett platt sind. Ist aber nicht schlimm, denn sie liegen auf der Rücksitzbank…

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So geht ein langer Reisetag mit einem kleinen Schreck zu Ende. In den kommenden Tagen werde ich mich daran setzen die vielen kurzen Video-Schnipsel und GoPro-Videos zu einer möglichst coolen Reisereportage zu verarbeiten. Parallel werde ich weiter an meinem Kindle E-Book arbeiten, das schon sehr weit gediehen ist. Allerdings habe ich seit ich auf Gran Canaria war kaum noch daran gearbeitet, weil die Internet-Anbindung stets so schlecht war.

In meinem E-Book zur Reise will ich versuchen das Zeitgeschehen einzuarbeiten, das sich parallel ereignet hat. Während der vergangenen 138 Tage habe ich mich in einer Art Mikrokosmos bewegt. Als ich losfuhr bahnte sich eine Flüchtlingswelle an, wie sie Europa noch nicht erlebt hat. Dies habe ich so gut wie möglich versucht von unterwegs zu verfolgen. Ich bin jetzt wieder in Deutschland und es scheint ein gespaltenes Deutschland zu sein. Auf der einen Seite stehen Menschen die nach Kräften versuchen den Flüchtlingen zu helfen. Auf der anderen Seite stehen AfD und PEGIDA deren Anhänger und Anführer sie als „selbsternannte Gutmenschen“ beschimpfen.

Hatte sich die PEGIDA Bewegung zu Beginn meiner Reise schon fast in Luft aufgelöst, so haben es ihre Initiatoren geschafft sie mit teils cleveren Sprüchen, aber auch viel unterschwelliger und plumper Hetze wieder erstarken zu lassen. Während ich in Europa unterwegs war und überall freundlich empfangen wurde, haben Menschen die sich wahrscheinlich noch als „Deutsche Patrioten“ fühlen, in meiner Heimat Flüchtlingsheime angezündet. Ich empfinde das als nahezu unerträglich. Die Enkel der Männer und Frauen die vor dem zweiten Weltkrieg Synagogen angesteckt haben, werfen nun Brandsätze auf Flüchtlingsheime. In meiner Wahrnehmung sind die Flüchtlinge „die neuen deutschen Juden“. Sie sind schwach und können sich nicht wehren und werden jetzt von rechten Kräften als Sündenböcke für die Attentate von Paris hingestellt. Sie werden von Neo-Nazis bedrängt und die PEGIDA Anführer reden vielen ganz normalen Bürgern mit ihren Hassparolen Ängste ein, die sie ohne PEGIDA niemals hätten.

Was bleibt ist letztlich die Hoffnung, dass die Mehrzahl der Deutschen aus der Geschichte gelernt hat und nicht bereit ist unsere freiheitlichen Grundrechte von rechten Hetzern und Neo-Nazis einschränken zu lassen. Ich hoffe sehr auf die Besonnenheit der Mehrzahl der deutschen Bürger und ich hoffe sehr drauf, dass unsere Politiker diese Chance nutzen um Profil zu zeigen und unser Land auf einen Weg zu lenken bei dem sich niemand ausgegrenzt und vergessen fühlen muss.

Hier habe ich einen Ausschnitt aus dem aktuellen Programm von Dieter Nuhr, den ich seit Jahren verfolge und sehr schätze. Bei etwa 26 Minuten beschäftigt er sich damit wie Kinder früher und heute aufwuchsen und etwas später geht es darum wie wir Menschen im Zeitalter von Facebook & Co. mit den allgegenwärtigen bedrohlichen Informationen umgehen. Mir gefällt es sehr gut wie er dieses komplexe Thema angeht.

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