Die erste Testfahrt

Fast jeder Biker kennt das ewige Problem mit dem Gepäck. Vielen von uns haben einen Tankrucksack, wirklich gern benutzen tun ihn indes nur die Allerwenigsten. Das Ding ist meist im Weg, es sieht blöd aus und wenn man tanken will, muss man das große Ding immer ab und wieder drauf montieren. Kurzum, Tankrucksäcke können einem den allerletzten Nerv rauben.

Wer aber vor der Planung für eine 100 tägige Motorradtour steht, der wird um einen geräumigen Tankrucksack kaum herumkommen. Als ich im Jahr 2010 mein weiße K1200r Sport gekauft habe, war ein speziell auf die K1200 abgestimmter Rucksack dabei. Das Ding ist gut verarbeitet, sehr geräumig, man kann die Größe über einen Reißverschluss variieren und wasserdicht ist er auch noch. Aber er wird mit vier kleinen Schnellverschlüssen am Motorrad befestigt. Wirklich anders geht das auch nicht, denn der „Tank“ der BMW K1200 ist nicht aus Metall sondern nur eine Abdeckung aus lackiertem Kunststoff. Ein leicht zu befestigender Tankrucksack mit magnetischen „Ohren“ funktioniert da also nicht.

Freie Fahrt ins Wochenende

Am Donnerstag ist meine Woche am frühen Nachmittag zu Ende und nachdem ich mich in meiner kleinen Mainzer Wohnung umgezogen habe geht es mit voll gestopftem Tankrucksack nach Bonn. Im Rucksack habe ich meine neue Thinktank Fototasche, ein Stativ und einiges an Kleinkrams. Auch wenn ich zunächst skeptisch bin, es passt tatsächlich alles hinein und das schwere Ding lässt sich problemlos auf dem Tank montieren. Meine Fahrt führt mich erst über die Dörfer nach Bingen, dann am Rhein entlang nach Koblenz. Kurz hinter Koblenz biege ich in Richtung Westen auf die A48 ab und schon bald auf die A61 in Richtung Norden zu wechseln. Bei Maria Laach verlasse ich die Autobahn und nehme einige landschaftlich sehr schöne Straßen zum Café Fahrtwind bei Hönningen in der Eifel.

Dort angekommen ist der Tag schon fast vorbei. Es ist 18:30 und die meisten Biker rüsten sich bereits für die Heimreise. Ich bekomme aber noch soviel leckeren selbst gebackenen Kuchen wie mein Magen nur fassen kann.

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Draußen vor dem Café genieße ich mit zwei Bikern die wärmende Abendsonne. Es ist ein Paar aus Bonn. Sie hat erst vor kurzem den Führerschein gemacht und ist heute das zweite Mal selbst mit ihrem eigenen Motorrad unterwegs. Wir unterhalten uns über mein großes Projekt 100 Tage lang allein durch Europa zu reisen. Man merkt ihnen an, dass sie gern mitkommen würden. Aber die Arbeit die Arbeit die Arbeit… Irgendwie hat wohl niemand außer mir die Möglichkeit mal für 3-4 Monate sein Leben so zu leben wie er es möchte. Aber das ist scheinbar der Preis den wir alle für die schönen Wohnungen, die großen Flachbildfernseher und all die anderen Annehmlichkeiten des Lebens zahlen müssen.

Als alle Gäste weg sind und ich nur noch schnell bezahlen will komme ich dann mit Mirko Mochetti ins Gespräch. Gemeinsam stehen wir in der Küche, unterhalten uns über die Fliegerei, Reisen, Motorräder und natürlich über Frauen 🙂 Ich darf dabei sein wie sechs seiner einzigartigen Apfelkuchen „geboren“ werden. Mirko weiht mich in mehrere „Betriebsgeheimnisse“ ein und ich bin wirklich schwer beeindruckt was alles notwendig ist um diesen außergewöhnlich guten Kuchen zu backen. Allein am Ofen der vollständig programmierbar ist würde ich daheim schon scheitern. Die Kuchen werden nicht einfach bei konstanter Temperatur gebacken, es ist „Programm Nr. 13“ das Mirko in langen und sicher leckeren Versuchsreihen speziell auf diesen Apfelkuchen abgestimmt hat.

Als es schon dunkel ist mache ich mich auch auf den Weg nach Bonn.

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Das erfolglose Wochenende

Daheim angekommen bin ich ziemlich erledigt, aber auch glücklich. Meine BMW K1200r läuft einfach wie ein Uhrwerk und es macht Spaß nach der langen Winterzeit wieder eine etwas längere Strecke zu fahren.

Am Freitag mache ich mich gegen 11h auf in Richtung Innenstadt. Beim Bonner City-Foto-Center habe ich noch zwei Objektive bestellt. Ich warte auf das Fuji XF 1,4/35mm und das XF 1,2/56mm. Beide Objektive habe ich bereits vor mehr als 14 Tagen bestellt und so ist die Hoffnung groß, dass ich sie heute abholen kann. Aber als ich das Ladenlokal betrete schlägt Bernd Severin schon die Hände über dem Kopf zusammen. Er hat mehrfach bei Fuji angerufen, aber vor dem 1. Mai wird nichts mehr ausgeliefert. Sie stecken gerade ihn ihrem Jahresabschluss und das hat Vorrang. So behindert letztlich das Finanzamt auch bei Fuji den Verkauf ihrer Produkte. Ich mache noch einen kurzen Scherz wie „Es ist ja kein Wunder, dass alle nur noch bei Amazon bestellen, denn da bekommt man seine Objektive am nächsten Tag nach Hause gebracht!“ Herr Severin kann nur gequält lächeln, mir ist es aber ein gar nicht so „unernst“.

Man muss im Jahr 2015 häufig schon SEHR an den Einzelhandel glauben um noch dort einzukaufen. Ok, ich könnte einfach in Mainz zu Foto Oehling gehen, die haben eigentlich immer ALLES DA was man sich wünschen könnte. Aber wenn sie in die Not kommen etwas bestellen zu müssen, dann muss man eben auch dort abwarten bis die Ware geliefert wurde. Aber mir ist es das Warten wert, denn meine Besuche im City-Foto-Center sind immer wieder richtig nett wie nicht zuletzt dieses schön Video vom Tag der Bestellung beweist…

Es geht weiter zu Hein Gericke, ich will mir ein SRC-System für meinen Schubert C3 Pro kaufen. In Verbindung mit meinem Tom Tom Urban Rider könnte es in fremden Großstädten sehr hilfreich sein. Denn nichts ist nerviger als in der Mittagshitze in einer fremden Großstadt im Stau zu stehen und nicht zu wissen wie man sein Hotel findet.

Schubert SRC System C3 Pro

Aber auch hier habe ich Pech, das SRC System soll aus dem Programm genommen werden, scheinbar kauft einfach niemand dieses extrem teure Ding. Aber der wirklich nette Mitarbeiter notiert sich meine E-Mail Adresse und will mich benachrichtigen wenn er es von einer anderen Filiale bekommen kann. Später am Abend gibt es tatsächlich eine E-Mail, ich kann das Ding am nächsten Wochenende abholen.

Es geht weiter zur Bonner BMW-Niederlassung. Dort ist die Hölle los, ich finde kaum eine Möglichkeit mein Motorrad abzustellen. Beim Gespräch mit Frau Nussbaum gibt es die nächste Hiobsbotschaft, meine weiße BMW K1200r Sport (das Mädchenmotorrad) steht schon seit zwei Wochen unangetastet in der Werkstatt. Es ist alles ausgebucht und sie hat einen Termin für den 4 Mai. Alles in allem wird die Rückrufaktion für den hinteren Radflansch und die Reparatur des defekten Gebers für Tankanzeige also runde 4 Wochen in Anspruch nehmen. Glücklich sind alle jene, deren Motorrad erst im Herbst in die Werkstatt muss. Auch hier kann ich mir eine kleine bissige Bemerkung nicht verkneifen. „Na ist ja nicht so schlimm, ich bin ja vorbereitet und habe deshalb noch zwei andere Motorräder. Das ist bei BMW ja wirklich sinnvoll wenn man ein Motorrad haben will mit dem man auch mal fahren kann…“ Ansonsten könnte ich ja eine dieser wirklich zuverlässigen Kawasakis fahren…

Es ist natürlich nicht ganz ernst gemeint, aber es ist schon frustrierend, dass viele Motorradwerkstätten nur noch als reine Profitcenter funktionieren müssen. Die Anzahl der Monteure wird kontinuierlich abgebaut und an allen und Ecken und Enden versucht man Kosten einzusparen. Alles wird vollständig durchgeplant und wenn mal ein „Notfall“ dazwischen kommt ist dafür einfach keine Zeit mehr übrig. Das war vor 20 Jahren noch alles ganz anders. Wenn ich damals mit meiner BMW R80-RT bei der gleichen Werkstatt war, hat mir Meister Groß noch persönlich die Hand geschüttelt und kleine Reparaturen mal eben schnell selbst durchgeführt. Aber diese Art von Service und Kundennähe ist leider inzwischen ausgestorben.

Etwas frustriert verlasse ich die Werkstatt und beim Blick auf die Uhr ist es schon nach 12h. Ich habe noch immer nichts gegessen und dementsprechend grummelt es in der Magengegend. Als ich nur ein paar hundert Meter später vor dem Tuscolo stehe überlege ich kurz ob ich mir eine Pizza in „Weltmeister-Qualität“ geben soll. Dann schießt es mir in den Kopf, dass ich bei Mirko im Café Fahrtwind den Burger nachholen könnte den ich am Vortag versäumt habe weil ich so spät dort war. Instinktive setze ich den Blinker nach rechts und bin eine halbe Stunde später wieder in Hönningen in der Eifel. Die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel, ich bekomme meinen Burger und kann mit ein paar Kumpels in der Frühlingssonne über Frauen und Motorräder philosophieren. Bikerherz, was willst du mehr…

Als der Burger in mir verschwunden ist kann ich nicht anders, ich muss mir ein Stückchen des genialen Kuchens holen bei dessen Geburt ich am Vortag dabei sein durfte.

Der verregnete Samstag

Am Samstag verlasse ich meine Bonner Wohnung nicht für eine einzige Sekunde. Ich lungere einfach nur im Wohnzimmer herum und arbeite an meinem neuen BLOG. Es gibt hier und da einige kleine Änderungen und ich schreibe noch schnell einige neue „Seiten“.

Dieser BLOG unterscheidet zwischen Artikeln und Seiten. Eine Seite wird oben im Menü der Webseite verankert und bleibt auch dort bis man sie verschiebt, ändert oder löscht. Ein Artikel wird auf der Startseite angezeigt und wandert sobald es einen neueren Artikel gibt weiter nach unten. Gibt es 10 neuere Artikel so ist er auf den ersten Blick nicht mehr sichtbar. Man kann ich aber über die Suche, Schlagworte und andere Hilfsmittel jederzeit wiederfinden.

Der Sonntag

Als ich am Sonntag aufwache ist es schon nach 10h. Es tut gut einfach mal ohne Wecker auszuschlafen und von der freundlich zwinkernden Morgensonne geweckt zu werden. Doch der Sonnenschein ist trügerisch, denn draußen schichten sich bereits dicke Wolkenberge übereinander. Schnell packe ich alles zusammen, Spülmaschine ausräumen, Kaffeemaschine säubern, den Müll raus bringen, die Betten neu beziehen, es ist irgendwie doch immer was zu tun. Als ich endlich frisch geduscht und startklar bin ist es schon wieder 12h.

Ich muss mich sputen und als ich endlich losfahren kann gehen mir beim Blick zum Horizont nur drei Worte durch den Kopf „SCHNELL – WEG – HIER„…

Eigentlich möchte ich im Café Fahrtwind frühstücken, aber das muss ich mir heute verkneifen, es sieht aus als müsste ich mich jetzt echt beeilen um nicht bis auf die Knochen nass zu werden.

Unterwegs läuft alles wie am Schnürchen, aber es fallen doch immer wieder extrem unsichere Autofahrer auf. Das gibt es an keinem Montagmorgen was sich Sonntags auf den Straßen abspielt. Da kann eine doppelte durchgezogene Linie auf einer Bundesstraße sein, trotzdem kommt es vor dass unsichere „Sonntagsfahrer“ unvermittelt von 100km/h bis zum Stillstand abbremsen DANN den Blinker nach links setzen und eine Lücke im dichten Gegenverkehr abwarten um auf einen Parkplatz auf der linken Straßenseite zu fahren. Besonders unverständlich sind solche Aktionen wenn es nur 100 Meter weiter auf der rechten Seite ebenfalls einen Parkplatz gibt auf den man abbiegen könnte OHNE das Leben eines Motorradfahrers zu gefährden. Oder die überforderte junge Frau mit ihren Eltern auf dem Rücksitz die am Rheinbogen kurz vor Bacharach unvermittelt an einer gelb blinkenden Baustellenampel anhält.

Es gibt Tage, da muss man sich als Motorradfahrer immer wieder an den Helm fassen und fragen ob diese Leute überhaupt einen Führerschein haben? Wenn eine Ampel an einer Baustelle GELB blinkt, dann ist sie ausgeschaltet!!! Und vor Ampeln die ausgeschaltet sind muss man nicht anhalten!

Kurz bevor ich die Lorelei erreiche mache ich an der Imbissbude in St. Goar eine kleine Pause. Bei Currywurst und Fritten komme ich mit einem sehr netten Paar aus Ahrweiler ins Gespräch. Sie haben einen Honda Roller mit 700 ccm Hubraum. Eigentlich ist das schon kein Roller mehr sondern eher ein Motorrad mit automatisch schaltendem Doppelkupplungsgetriebe. Irgendwann kommt unser Gespräch bei Helmen an. Er hat sich im letzten Herbst bei Polo in Bonn einen Schubert C3 Pro gekauft. Mit Rabatten usw. hat dieser Helm noch immer fast 500,- Euro gekostet. „Von diesem Helm hatte ich mir aber echt mehr versprochen…“ Auch er war auf der Suche nach einem leisen Helm, so wie auch ich seit nun mehr über 30 Jahren einen Helm suche der eine Geräuschkulisse wie in einem Auto vermittelt. Aber solche Helme gibt es einfach nicht.

Auch im Jahr 2015 gibt der Markt für Motorradhelme KEIN Modell her, das man auf langen Strecken mit Geschwindigkeiten von mehr als 100 km/h OHNE Gehörschutz fahren könnte. Das ist leider die traurige Wahrheit…

Als ich weiterfahre muss ich feststellen, dass meine kleine Pause strategisch unglaublich gut gewählt war. Denn nun fahre ich auf Straßen die ein kräftiger Schauer nur wenige Minuten zuvor richtig nass gemacht hat. Auch wenn ich mein Glück kaum glauben kann, ich bleibe vollständig trocken und kann sogar kurz hinter Bingen auf einer Anhöhe in die Weinberge fahren um einige schöne Fotos zu schießen. Was für ein cooler Tag.

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Fazit

Die Testfahrt hat gezeigt, dass mein Plan funktioniert. In den Tankrucksack passt meine komplette Fuji Fotoausrüstung mit etwas Zubehör samt 11″ MacBook Pro. Zur Not geht auch noch ein kleines Stativ mit hinein. Das Handling des Motorrades beeinträchtigt der schwere Rucksack nur mäßig. Allerdings neigt er dazu zu verrutschen, meist rutscht er nach rechts. Warum gerade nach rechts, das wissen wohl nur die Götter, vielleicht liegt es an den Fliehkräften durch die Erdrotation, wer weiß das schon…

Es hat mir großen Spaß gemacht drei Tage lang mal wieder Motorrad zu fahren. Doch an meinem Hinterteil spüre ich ganz arg deutlich, dass ich mich erst wieder an das Motorradfahren gewöhnen muss. Aber es sind ja noch ein paar Wochen Zeit bis es Mitte Juli endlich losgeht.

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