Tag 16 – Von Graubünden nach Lufingen

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Es ist an der Zeit dem wunderschönen Graubünden auf Wiedersehen zu sagen. Es ist Dienstag und heute geht es noch kurz nach Norden. Mein Ziel ist Lufingen nördlich von Zürich. Dort will ich mich mit meinen Freunden Karin und Heinz Dössegger treffen. Heinz habe ich vor etwa drei Jahren kennengelernt. Zunächst haben wir nur gegenseitig die Artikel in unseren BLOGs (www.fotofreak.ch) gelesen und kommentiert. Im Jahr 2012 haben wir uns dann während meiner Fuji X100 Fototour in der Schweiz getroffen. Seither sind wir in Kontakt geblieben und beim Down Hill Event in Savognin haben wir uns nach langer Zeit endlich wiedergesehen.

Am Vorabend ist ein kräftiges Gewitter über Graubünden hinweg gezogen. Von der Fahrt im Regen war mein Motorrad ziemlich verschmutzt, nun ist es zwar nicht perfekt sauber, sieht aber doch wieder ganz ordentlich aus. Und das sogar kostenlos, in der SCHWEIZ!!

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Als mein Motorrad fertig gepackt ist und ich beim Hotel Albaula & Julier meine Rechnung bezahlt habe, nutze ich noch gut zwei Stunden das WLAN in der Lobby um die Artikel der letzten beiden Tage zu erstellen. Danach hüpfe ich wieder etwas ungelenk auf mein schwer beladenes Motorrad und mache mich auf den Weg in Richtung Lufingen.

Weil ich am Vortag so intensiv auf Nebenstrecken unterwegs war, gönne ich mir heute eine entspannte Fahrt auf der Autobahn ins Glarnerland, mein Ziel ist Glarus. Dort beginnt eine landschaftlich sehr reizvolle Strecke entlang des Klöntalsees hinauf zum Pragelpass. Diesen Pass habe ich vor 15 Jahren mehr oder weniger zufällig gefunden, als ich damals mit meiner alten BMW R80-RT nach Feierabend noch eine kleine Runde drehen wollte. Ich bin damals vom Büro in Cham nach Schwyz gefahren und einfach aus einer Laune heraus der Beschilderung in das Muotatal gefolgt. Letztlich bin ich auf der unglaublich schmalen und schlecht einsehbaren Straße hinauf zum Pragelpass gelandet.

Ich erinnere mich noch gut an mein staunendes Gesicht als ich nach der Passhöhe das erste Mal den Klöntalersee anschauen durfte. Whooo, war das cool! Kurz zuvor war damals ein schweres Gewitter durchgezogen, die Straßen waren nass, über den Wiesen lagen zarte Nebelschleier. Und mitten drin vor ein gewaltigen Felswand lag der einsame Klöntalersee. Ich war regelrecht euphorisch beim Anblick der vielen Wasserfälle die sich damals aus vielen hundert Metern hinab in den See gegossen haben. Was für ein beeindruckendes Schauspiel!

Am Ende des Klöntals bin ich damals nach rechts abgebogen und via Glarus und den Klausenpass zurück zu meinem Hotel nach Luzern gefahren. Das war eines der schönsten ungeplanten Motorraderlebnisse meines damaligen Biker-Lebens. Daher ist der Pragelpass für mich bis heute etwas ganz besonderes und ich habe ihn in den Jahren danach immer wenn es möglich war besucht.

Bevor ich Glarus erreiche, halte ich am schönen Walensee. Die Autobahn verläuft über etliche Kilometer direkt am See entlang und der Blick auf das Wasser und die gegenüberliegenden Berge ist wunderbar. Bei meinem Stopp lerne ich eine sehr nette Familie aus Dänemark kennen. Ich mache mit ihrem iPad ein paar Familienfotos und verschenke wie schon so oft eine Visitenkarte. Die Dänen haben mit einer Familie aus der Schweiz getauscht und heute ist der letzte Tag ihres Urlaubs. Irgendwie ist das schon witzig, man übergibt sein eigenes Heim für zwei Wochen an eine befreundete Familie und kann so sehr einfach und preiswert in deren Heim logieren und einen halbwegs preiswerten Urlaub genießen. Als ich meine Fuji X-E2 startklar habe, gibt es unten am Wasser gerade eine kleines Shooting einer japanischen Familie die mit einem echt voll beladenen Kombi unterwegs ist.

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Nach einem kurzen Tankstopp kur vor Glarus sehe ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite dieses Schild. Ich in scheinbar nicht der erste der diese „100 Tage Idee“ hatte. 🙂

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Heute will ich den Pragelpass einmal in der anderen Richtung fahren. Also geht es bei Glarus in Richtung Klöntalsee und dann den Pass hinauf. Meine beiden GoPro-Kameras filmen derweil um die Wette. Auf der Passhöhe angelangt schieße ich einige Fotos und lerne zwei sehr nette Biker aus Bern kennen. Sie fahren eine „richtig dicke Honda“ und ich werde sie später in Schwyz wiedersehen.

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Von der Passhöhe geht es eine enge Straße mit vielen Kurven und schlechtem Asphalt den Berg hinab. Immer wieder sind Autos vor mir, aber sie machen alle dort wo es möglich ist Platz, so dass ich mein schwer beladenes Motorrad im zweiten Ganz ganz lässig die steile Straße hinab rollen lassen kann.

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Nach dem Pass geht es durch das landschaftlich reizvolle Muotatal. Kurz vor Schwyz ist eine Baustelle. Und hier hat sich irgendwie alles verkeilt. Nicht geht mehr vor oder zurück. Am Anfang der Baustelle steht noch ein Warnschild, dass man auf keinen Fall bei Rot in die Baustelle einfahren soll, weil dies einen Stau verursachen würde der sich nicht auflösen ließe. Genau das scheint aber geschehen zu sein. Auf der einspurigen Straßen stehen sich nun Busse, LKW und Autos gegenüber. Weil von den Ende alles „drückt“ kann niemand rückwärts fahren um diesen „Deadlock“ aufzulösen. Das Thermometer zeigt 35°C und ich habe das Gefühl gleich zu zerfließen. Die Bauarbeiter versuchen das Knäuel zu entwirren. Schließlich geben sie die gerade eben frisch geteerte Straßenseite für einige Autos frei die bergauf fahren wollen. Ganz langsam und vorsichtig rollen sie über den heißen dampfenden Asphalt. Danach geht es endlich weiter, Gott sei es gedankt…

Als ich einige wenige Kilometer später in Schwyz einen schönen Platz mit einem Brunnen erreiche und auf der rechten Seite ein Café sehe, halte ich an, parke mein Motorrad mitten auf dem Platz und gönne mir einige kalte Getränke und ein schönes großes Eis. Frisch abgekühlt und 25,- CHF leichter geht es in Richtung Autobahn. Nach der Tortur in der Baustelle brauche ich nun Fahrtwind, wirklich viel Fahrtwind…

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Als ich bei der Kantonshauptstadt Zug ankomme, nehme ich die Ausfahrt und besuche ein letztes Mal das Dörfchen Cham. Hier habe ich vor vielen Jahren fast ein Jahr lang gearbeitet und mit diesem Ort verbinde ich viele schöne Erinnerungen. Es geht weiter nach Zug und über einen kleinen Pass mit dem witzigen Namen „Hirzel“ in Richtung Zürisee. Es ist heiß und man kann an vielen Stellen immer wieder an den See. Überall laufen Leute mit Handtüchern und Luftmatratzen herum, es ist ein Bild wie aus Italien, nur viel ordentlicher und zivilisierter.

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An einem kleinen Parkplatz halte ich auch an und genieße eine Weile das rege Treiben am See. Es ist hier ein wirklich schönes Fleckchen. Auf meinem Weg nach Lufingen muss ich anschließend leider quer durch die Züricher Innenstadt. Gleich vor dem Bahnhof ist ein Megastau. Die Autos, die Sonne, alles ist heiß. Das Thermometer an meinem Bordcomputer klettert auf sagenhafte 38,5 °C. Ich in kurz vor dem Zusammenbruch, das hatte ich nicht erwartet. Als ich schließlich in Lufingen eintreffe bin ich komplett durchgeschwitzt und fix und fertig.

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Da trifft es sich gut, dass Heinz fast auf die Minute zeitgleich mit mir eintrifft und mich schnell in die Tiefgarage lässt. Darin ist es angenehm kühl und dort könnte ich es noch ein wenig aushalten 🙂

Später sitzen wir im Garten und „grillieren“ wie man hier so schön zu sagen pflegt. Es gibt unglaublich leckeren Rotwein und als ich um 22h mein Gästebett aufsuche bin ich betrunken, todmüde und trotzdem glücklich.

6 Kommentare zu “Tag 16 – Von Graubünden nach Lufingen

  1. Anas

    Schön wenn man nach so vielen Jahren alt bekannte und lieb gewonnene Strecken wieder abfahren kann. Die Ecke kenne ich nickt, klingt nach einer Tour die ich planen sollte 🙂

    • Rund um Luzern ist es wunderschön und dass man nur 80 km/h fahren darf lässt sich verkraften, den auf vielen Pässen kann man gar nicht schneller fahren.

  2. Beat

    Hallo Ansgar, der Glarnersee, wie du ihn beschreibst, ist zwar richtigerweise der Walensee, tut aber deinem wunderschönen Bericht mit den tollen Bildern keinen Abbruch. Weiterhin gute Reise!

    • Huch, wie konnte das geschehen 🙂 Habe es sofort korrigiert. Glarner Land – Glarner See – Dabei klingt das sooo einleuchtend 🙂

  3. Martin

    Hallo Ansgar,
    ich melde mich mal als stiller Mitleser zu Wort – ich verfolge jeden Deiner Einträge und schaue auch regelmässig was es denn Neues von Deiner Reise gibt, auch wenn ich nicht jeden Beitrag kommentiere – vielen Dank für die tolle Berichterstattung!

    achja wegen der verlorenen gopro: ärgere Dich nicht, vielleicht findet man sie ja nach der nächsten Eiszeit in 5000 Jahren unter dicken Eisschichten und Deine Aufnahmen werden der bedeutendste Fund über unsere jetzige Zeit 😀

  4. […] Tag 16 – Von Graubünden nach Lufingen […]

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