Tag 56 – Wieder allein auf Teneriffa

Es ist Sonntag der 30. August und heute muss meine liebe Sandra wieder abreisen. Unsere letzte gemeinsame Nacht war im wesentlichen von Bayrischer Volksmusik und damit verbundener andauernder Schlaflosigkeit geprägt. Als wir am Morgen beim Frühstück sitzen fühlen wir uns beide wie gerädert. Die Stimmung hat einen ziemlichen Tiefpunkt erreicht. Sandra würde gern noch bleiben, sie erscheint mir traurig weil es am Nachmittag wieder heim nach Deutschland geht und sie mich dann für eine Weile nicht mehr sehen wird. Wenn sie traurig ist, zieht mich das auch mit runter, ich kann Tränen einfach nicht ausstehen.

Nach dem Frühstück liegen wir eine Weile auf dem Bett und starren stumm die Decke an. Der alte Ventilator zieht über uns seine Runden und sein monotones „Tick Tick Tick Tick“ wirkt einschläfernd. Um 11h haben wir endgültig alles zusammen gepackt. Einige der Sachen, die ich noch gar nicht gebraucht habe, kann ich meiner Sandra mitgeben. In ihrem großen Koffer ist noch etwas freier Platz und als alles verstaut ist zeigt die Kofferwaage 20,5 Kilogramm an. Das sind 500 Gramm mehr als bei Condor erlaubt, aber sie drücken vielleicht ein Auge zu. Mein gesamtes Kartenmaterial für die Alpen, meine wasserdichte Trekking-Jacke und einige andere Kleinigkeiten muss ich nun  nicht mehr mit mir herumschleppen. Trotzdem habe ich das Gefühl noch allerhand Ballast dabei zu haben. Aber so ist das eben wenn man intensiv fotografieren möchte und dabei auf nichts verzichten mag. Bevor wir mein Gepäck nach unten transportieren, gehe ich schnell zu Fuß zum Parkhaus, löse meine BMW ein letztes Mal für 15,- Euro aus und fahre sie in einem Bogen durch das Gewirr der Einbahnstraßen in die Nähe des Eingangs zum Hotel Monopol. Gleich am Anfang der Fußgängerzone parke ich neben einem Briefkasten. Hier stehen tagsüber immer mehrere Motorräder und es scheint stillschweigend toleriert zu werden.

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Nun müssen wir noch mein Gepäck aus der zweiten Etage herunter schleppen. Wie gut, dass es einen Aufzug gibt. Noch schnell auschecken und meine Übernachtungen nebst der Getränke bezahlen die wir abends am Pool zu uns genommen haben. Für 10 Tage sind das zusammen 437,- Euro plus 150,- Euro Parkgebühren für mein Motorrad. Die 45,- Euro Parkgebühren für die gemietete BMW F800 hat Sandra selbst bezahlt.

Rechnet man die Kosten für das Mietmotorrad, Benzin, Essen usw. zusammen, so haben die letzten 10 Tage etwa 1.000 Euro gekostet. Mit 100,- Euro am Tag lagen sie also etwa im Schnitt dessen was die „Reisetage“ durch die Schweiz, Italien, Frankreich, Spanien und Portugal etc. auch gekostet haben. Hier habe ich pro Tag etwa 25,- Euro für Benzin und 65,- Euro für die Unterkunft und 20,- Euro für Essen und Getränke einkalkuliert.

Zum Abschied nehme ich meine liebe Sandra ein letztes Mal in den Arm, es gibt noch einen Abschiedskuss und dann dreht sie sich plötzlich schlagartig um und geht ohne zurück zu blicken zum Hotel. Wahrscheinlich kann sie Abschiedstränen ebenso wenig ausstehen wie ich.

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Für mich geht es nun einige wenige Kilometer zur Finca San Juan. Die Anfahrt ist auf den letzten 2-3 Kilometern etwas kompliziert, daher habe ich hier für alle die sich für diese Finca interessieren eine kleine Kartenansicht erstellt. Eine sehr gute Wegbeschreibung findet sich auch auf der Webseite der Finca San Juan: www.finca-san-juan.com

Finca San Juan - Anfahrt

Als ich auf der Finca eintreffe steckt bei meinem neuen Zuhause schon der Schlüssel. Es ist alles blitzblank geputzt und ich kann sofort einziehen. Nachdem alles verstaut ist steht mir der Schweiß auf der Stirn und ich muss mich erst einmal im Bad ein wenig abkühlen. Plötzlich spüre ich irgendwas glitschiges unter meinem rechten Fußballen. Oh je, ich habe einen kleinen Gecko zertreten, man ist das eklig. Die kleine Schwanz windet sich noch hin und her. Ich muss kurz würgen, aber dann habe ich mich wieder im Griff. Mit etwas Toilettenpapier kann ich dem armem kleinen Kerlchen in Form einer Seemannsbestattung die letzte Ehre erweisen, danach wird er weggespült…

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Jetzt steht mir der Schweiß erst so richtig auf der Stirn. Ich schlüpfe schnell in meine schlabbrige 5,- Euro Badehose die ich bei meinem Ausflug auf die Azoren auf Sao Miguel in einem 1-Euro Shop erstanden habe. Am Pool liegen drei bildhübsche Frauen mit großen Sonnenbrillen, Hüten und je einem Glas Sekt in der Sonne. Als ich in meinem Breaking-Bad T-Shirt und den neuen Badeschlappen angewackelt komme mustern sie mich argwöhnisch von oben bis unten. Hier soll ich mich jetzt ausziehen und direkt vor ihnen in den Pool steigen? Ich bin kurz davor umzukehren, aber die Sonne scheint gnadenlos und es sind locker 30°C. Ich versuche die weiblichen Blicke zu ignorieren, latsche ganz ruhig zur Dusche, lege mein T-Shirt auf einem Stuhl ab und versuche unter dem eisig kalten Wasser nicht entsetzt zu japsen. Es klappt ganz gut und die Frauen scheinen mich jetzt auch nicht mehr zu mustern. Während ich die Luft anhalte und in den Pool steige, tun sie zumindest so als würden sie etwas lesen oder durch ihre Sonnenbrillen in den Luft schauen.

Das Wasser ist kühl und angenehm, dieser Pool ist einfach grandios. Während ich etwas herum plansche frage ich mich, warum ich hier nicht schon ganz oft im Wasser war. Sicher waren es die prüfenden Blicke der anderen Gäste die mich in den vergangenen Jahren vor „dieser Tat bewahrt“ haben. Heute ist es mir egal, der Pool ist grossartig.

Eine halbe Stunde später sitze ich frisch getrocknet im Schatten vor dem Restaurant und lasse mir einige der Köstlichkeiten des täglichen Buffets schmecken.

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Den Nachmittag verbringe ich im großen Bett auf einer echt bequemen Matratze, ich habe noch viel Schlaf nachzuholen. Als ich wach werde ist es schon 18h und ich gehe mal schauen ob noch jemand hier ist. Aber ich bin nun ganz allein. Die Gäste sind weg, das Restaurant geschossen und um mich herum ist jetzt nur noch Ruhe und Natur. Scheinbar bin ich hier der einzige Gast, ich überlege kurz ob ich nackt in den Pool springen soll, nun sieht mich ja niemand mehr. Aber ich lasse es letztlich doch, wer weiß ob es nicht noch Gäste gibt die später anreisen…

Weil ich gar nichts zu Essen oder zu Trinken habe, schwinge ich mich in T-Shirt und kurzer Hose auf mein Motorrad und fahre den Berg hinab zu einer der nächsten Tankstellen. Dort gibt es eine große Flasche kaltes Bier, etwas Fanta und ein paar Chips. Ein Becher Eis springt mir auch noch ins Auge, das muss jetzt sein, Eiscreme macht glücklich (und dick)…

Gleich neben den Eisbechern gibt es wahrscheinlich kleine Löffel, aber ich denke natürlich nicht daran, dass ich etwas brauchen könnte um das Eis aus dem Becher zu löffeln. Dieser Fehler macht sich etwas später unter dem Sonnenschirm auf meiner Terrasse bemerkbar. Ich habe ein echt geiles leckeres Eis und nichts aber ich nichts womit ich es essen könnte. Letztlich schnappe ich mir mein Schweizer Messer und schneide aus dem roten Plastikdeckel notdürftig „eine Art Löffel“. Damit klappt es ganz gut, der Becher ist nach ein paar Minuten leer und es ist so lecker…

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Während die Sonne untergeht schaue ich noch ein wenig zum höchsten Berg Spaniens hinauf und genieße mein herrlich kaltes Bier. Als die Dämmerung hereinbricht fallen wie an jedem Abend die Insekten über mich her. Also verkrieche ich mich in meinem kleinen Häuschen und freue mich über die Fliegengitter vor allen Fenstern.

Später schreibt mir meine Sandra, dass sie heil und gesund daheim angekommen ist. Nun kann ich beruhigt einschlafen und das sogar ohne Bayrische Blasmusik.

Bayern – Ihr seid’s Ihr und Ich bin hier! Zicke Zacke Zicke Zacke – Hoi Hoi Hoi…

3 Kommentare zu “Tag 56 – Wieder allein auf Teneriffa

  1. […] Tag 56 – Wieder allein auf Teneriffa […]

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  3. Anas

    Köstlich … „Jetzt steht mir der Scheiß erst so richtig auf der Stirn“
    Ohne Autokorrktur ist es meist besser.

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