Es gibt noch mehrere Sehenswürdigkeiten denen ich mir hier auf La Gomera gern mit meiner Kamera zu Leibe gerückt wäre. Aber irgendwie sollte es heute nicht sein…
Nach dem Frühstück schreibe ich noch einige Postkarten für alle Freunde die sich eine solche Karte von mir gewünscht haben. Gegen Mittag geht es mit dem Motorrad in T-Shirt und kurzer Hose schnell die Straße runter zum Postamt. „Correos“ steht außen angeschlagen und man kann es nicht verfehlen. Die „Policia Local“ ist übrigens gleich nebenan. Als ich mein Motorrad direkt davor parke, steht oben vor der geöffneten Eingangstüre einer der Polizisten. Er hat sich entspannt auf das Geländer gelehnt und raucht genüsslich eine Zigarette. Als ich meinen Helm abnehme und zu ihm hinaufschaue hebt er kurz sehr lässig die Hand mit der Zigarette und sagt: „Hola, buenos días…“. Sicher hat er mein Motorrad schon oben vor dem Hotel gesehen und sich gefragt wer damit wohl unterwegs sein wird. Als ich den Stapel mit den vielen Postkarten aus dem Tankrucksack hervorzaubere sagt er irgendwas auf Spanisch und grinst ziemlich breit. Manchmal ärgere ich mich sehr, dass ich die Menschen hier nicht verstehe. Zugleich bin ich sehr froh, dass Anna und Luis sehr gut Englisch sprechen.
Im Postamt gibt es einen langen Tresen und es sitzt dort nur ein einziger Mitarbeiter. Er telefoniert und ist gerade dabei sich zu verabschieden, als ich eintrete. Ich sage ihm auf Englisch, dass ich hier einen Stapel Postkarten habe von denen ich eine in die USA, mehrere in die Schweiz und alle anderen nach Deutschland schicken möchte. Die USA Karte sortiert er aus, sie kostet 2 Euro. Alle anderen Karten gehen nach Europa, das ist billiger. Insgesamt muss ich 20,80 Euro Porto bezahlen. Ich lasse ihm die Karten da, gebe ihm 22,- Euro die ich gerade passend habe und bin froh, dass ich nicht die vielen Marken selbst aufkleben muss. Er grinst freudig und bedankt sich wieder auf Spanisch. Ich kann mir denken was er wohl gesagt hat, aber es ist wieder da, dieses Gefühl…
Auf dem Rückweg mache ich einen Stopp bei Luis und lerne dort auch seine Mutter, die Inhaberin des Hotels kennen. Es gibt einen leckeren frisch gepressten Orangensaft und ein kleines Baguette mit spanischem Schinken. Später suche ich noch zwei 3D Postkarten aus. Meine Mutter hat mir geschrieben, dass sie diese Karten sammelt und sich darüber sehr freuen würde. Gemeinsam mit Luis beratschlage ich noch wohin man heute mit dem Motorrad fahren könnte. Aber Luis macht mir keine großen Hoffnungen. Es wird wohl Regen kommen. Und er wird Recht behalten, schon als ich die paar Meter die Straße hinauffahre landen die ersten kleinen miesen Tropfen auf dem Visier meines Helms.
Als ich im Appartement bin nutze ich die Gelegenheit um einige neue Zeitraffersequenzen aufzunehmen. Die Wolken ziehen heute extrem schnell dahin und das Schattenspiel auf den Bergen sieht sehr interessant aus.
Den Rest des Tages wird es aber nicht aufhören zu regnen. Immer wenn ich denke, endlich losfahren zu können, kommen neue schwere Regenwolken über die Berge gezogen. Am Nachmittag schaue ich mir den Wetterbericht an und es sieht nicht so wirklich gut aus. Während in Deutschland der Winter Einzug gehalten hat, zieht hier gerade ein großes Tiefdruckgebiet mit viel Regen vorbei. Es wird noch einige Tage dauern bis sich das Wetter wieder bessert. Auf Teneriffa gibt es wegen der hohen Berge trotz allem einige sonnige Ecken, man muss nur Glück haben, oder einen Mietwagen.
Hier auf La Gomera regnet es derzeit fast überall. Es macht daher kaum Sinn sich aufs Motorrad zu setzen und ins Valle Gran Rey oder nach San Sebastian zu fahren. So verbringe ich den Tag in meinem Zimmer, höre viel Musik und räume ein wenig meine Festplatten auf. Während der letzten mehr als 100 Tage hat sich ordentlich was angesammelt…
Das war er also, mein Tag 102 von 100. Regen vom Mittag bis in die Nacht hinein. Wirklich böse bin ich deshalb nicht. Die Bauern sind hier sicher sehr froh wenn sich die Wasserspeicher nach dem langen Sommer wieder auffüllen.
Vor meiner Abreise haben mir meine Freunde vom Café Fahrtwind in der Eifel ein sehr witziges „Überlebenspaket“ geschenkt. Aus diesem Paket habe ich unter anderem ein schickes langärmeliges Bikershirt dabei. Es sind ein Motorradfahrer und das Logo des Cafés aufgedruckt. Dieses Shirt habe ich jetzt schon dreimal getragen, heute ist der vierte Tag. Die lange Hose bleibt allerdings auch heute noch im Schrank. Nur barfuß laufen, das mag ich heute auch nicht, so ziehe ich erstmals seit vielen Wochen am Abend wieder Socken und meine alten Turnschuhe an.
Diese Schuhe haben mich nun schon viele tausend Kilometer begleitet und ich habe sie bereits mehrfach gewaschen und mit Sekundenkleber repariert. Wenn ich wieder daheim bin, könnte ich mich mal nach zwei neuen Exemplare umschauen. Aber bislang leisten sie sehr gute Dienste.
Um die Langeweile etwas zu mildern, probiere ich heute mal eine spannendes Feature der GoPro 4 Black Edition aus. Diese Kamera kann Zeitraffervideos vollständig automatisiert erstellen. Bislang habe ich sie immer Einzelbilder fotografieren lassen und später an meinem kleinen Mac mit dem Programm „Time-Lapse“ daraus die entsprechenden Videodateien erstellt. Diese habe ich in iMovie eingebunden und mittels des Ken Burns Effektes kleine Kamerafahrten erstellt. Heute will ich mal schauen, ob das auch einfacher geht. Damit mit meine GoPro nicht wieder in die Tiefe fällt und unten vor dem Hotel zwischen den Bananenpalmen zerschellt, habe ich sie sehr elegant mit den Silikongummis aus der Haushaltswarenabteilung gesichert. Diese Dinger sind massiv praktisch, man kann soviel mehr damit anstellen als nur Rouladen zusammenzuhalten.
Kurz vor Sonnenuntergang färbt sich plötzlich die gesamte Regenfront über den Bergen in ein mystisches Violett. Das sieht sehr cool aus und es ist schade, dass ich gerade nicht irgendwo oben in den Bergen unterwegs bin. Da käme es sicher noch viel besser zur Geltung.
Buenos dias Ansgar,
durch Zufall bin ich auf deine Seite gestoßen und dabei ist mir gleich deine fotografische Bikertour auf den Kanaren aufgefallen. Für mich „sehr“ interessant, da ich: 1. schon fast 30 Jahre selbst auf den Kanaren (Teneriffa) lebe, 2. leidenschaftlich gerne fotografiere, speziell Naturfotografie hauptsächlich die Vogelwelt der Kanaren und 3. selbst Biker „war“,…..nach einem schweren Unfall vor einigen Jahren setze ich mich nur noch sehr selten auf´s Moped (…meine Frau mag das nicht so gerne).
Lange Rede kurzer Sinn, gratuliere zur deiner Seite und deiner Tour, ich bin hier auf einige sehr schöne und originelle Aufnahmen gestoßen, ….weiter so.
Noch viel Erfolg und Spaß auf den Kanaren,
Gruß aus Teneriffa, Juan
P.S.: Das Miese Wetter wird noch einige Tage anhalten.
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