Vor Antritt meiner großen Reise habe ich beim BMW Motorradhaus Senger in Rüsselsheim einen großen Service durchführen lassen. Inkl. neuer Reifen usw. hat dies etwas über 1.000 Euro gekostet. Das ist viel Geld, aber mein Motorrad war danach fit für die Reise und ich habe lediglich einmal bei den Reifen etwas Luft nachgefüllt. Auf einer Wegstrecke von mehr als 13.000 Kilometern ist das nicht übel.
Womit wir auch schon beim Thema wären, 13.000 Kilometer bedeutet, dass die nächste Inspektion bereits seit 3.000 Kilometern überfällig ist. Auf Teneriffa hat es leider mit der Inspektion nicht geklappt und auf El Hierro und La Gomera gibt es keine geeigneten Werkstätten. Daher habe ich kurz vor meiner Überfahrt nach Gran Canaria bei Jürgen Schnürle von der Bonner BMW Motorrad-Niederlassung nachgefragt, ob er mir auf Gran Canaria eine vertrauenswürdige und kompetente Werkstatt empfehlen kann.
Jürgen hat mir kurz drauf die Adresse der Firma Marmotor zukommen lassen.
BMW Marmotor
Av. Escaleritas, 178, 35019 Las Palmas de Gran Canaria
Telefon: +34 928 21 53 15
Leider beherrsche ich außer einigen Worten von den Speisekarten kein Spanisch. Nach meinen Erfahrungen der letzten Monate gehe ich daher davon aus, dass ich telefonisch nicht viel weiterkommen werde und beschließe nach dem Frühstück mit meinem Motorrad selbst zu dieser Werkstatt zu fahren und zu schauen ob dort in der nächsten Woche ein Service möglich sein wird.
Weil die Sonne ganz herrlich scheint und es schon am Mittag 30°C sind, beschließe ich ggfs. ein letztes Mal mein Glück in kurzer Hose und Turnschuhen zu versuchen. „Oben herum“ entscheide ich mich aber doch für die dicke Lederjacke. Notfalls kann ich sie immer noch ausziehen und auf den Gepäckträger schnallen.
Unterwegs komme ich am Flughafen vorbei, das ist sehr praktisch denn so kann ich gleich schauen wo ich am Samstag meine Freundin Sandra abholen werde. Kurz vor Las Palmas teilt sich die vierspurige Autobahn, ich halte mich rechts in Richtung Hafen. So kann ich mich auch gleich noch für die Überfahrt nach Fuerteventura am 1. November orientieren. Nachdem ich den Hafen gefunden habe, halte ich kurz an und schieße mit meiner Fuji X-T1 ein paar Fotos aus dem Handgelenk. Schaut man über die gewaltigen Hafenkräne auf das Meer hinaus, so wirkt der Himmel noch recht freundlich.
Blickt man aber ins Landesinnere sieht es alles andere als freundlich aus. Diese Wolken könnten einen handfesten Sturm mitbringen. Kaum gedacht, fängt es auch schon an, erste heftigen Windböen in Verbindung mit dicken Regentropfen. Irgendwie musste es ja so kommen, schließlich bin ich mal wieder in kurzer Hose unterwegs…
Mit Hilfe meines TomTom Rider finde ich BMW Marmotor auf Anhieb und als ich einen Wegweiser zum Servicebereich sehe, biege ich kurzentschlossen nach rechts ab. Ich bin jetzt in einem großen Innenhof. Links parken lauter neue schicke BMW Fahrzeuge. Auf der rechten Seite ist eine große weiße Halle und davor steht eine BMW K1, eines der ersten wirklich stromlinienförmigen Motorräder dieser Marke. Aus heutiger Sicht ist sie eher ein hässlicher alter Klotz, aber hey, mit diesem Ding wurde das moderne Zeitalter bei der BMW Motorradkonstruktion eingeläutet. Ohne Maschinen wie diese gäbe es heute wahrscheinlich keine Modelle wie beispielsweise die S1000 RR.
Zwischen den beiden folgenden Motorradfotos liegen etwa 25 Jahre Entwicklungsarbeit. Schaut man sich die Motorräder genauer an, versteht man sofort wie BMW es geschafft hat das Image eines Herstellers von „Motorrädern für ältere Herren“ abzulegen. Die neuen Modelle stehen der Konkurrenz aus Japan in nichts nach. Vielfach hat BMW inzwischen sogar technologisch die Nase vorn. Allerdings verkaufen sich die geländegängigen Motorräder wie die R1200 GS deutlich besser. Mit den GS-Modellen ist BMW in Deutschland seit langem der Marktführer bei den Neuzulassungen.
Aus den ersten Regentropfen ist jetzt ein richtig starker Regenschauer geworden. Das Thermometer zeigt noch 25°C, aber nass ist eben nass. So sehe ich dann auch aus als ich wie ein begossener Pudel die große Halle betrete. Rechts ist eine Ecke in der die Motorräder gewartet werden. Aktuell sind dort 10 Maschinen in Arbeit und es herrscht ein ziemliches Gedränge. Weiter hinten sind lauter Hebebühnen für die Arbeiten an Autos. Für den Service der neuen elektrisch betriebenen i-Modelle gibt es neben der „Motorradecke“ einen eigenen Wartungsplatz.
Vorne links sind zwei Büros, in einem davon sitzt einer sehr junge Frau, ganz in dunklem blau gekleidet. Schick sieht das aus, leider spricht sie kein Englisch, oder sie traut sich nicht. Aber sie versteht, dass ich ein Anliegen habe und bittet mich kurz zu warten. Sie schnappt sich einen Regenschirm und verschwindet im Regen. Kurz darauf hat sie ihre Kollegin Ana dabei. Ana spricht sehr gut Englisch und so kann ich erklären was ich für Sorgen habe. Die nächste Inspektion ist schon lange überfällig, des elektronisch gesteuerte Fahrwerk funktioniert nicht mehr und gestern habe festgestellt, dass auch der linke Heizgriff ausgefallen ist. Die vielen schlechten Straßen haben auf dem Weg ins (verregnete) Paradies doch ihre Spuren, an meine zuvor noch fast neuwertigen Motorrad, hinterlassen.
Gemeinsam nehmen wir alle wichtigen Daten auf. Einer der Monteure schaut sich kurz das Motorrad an. Er ist auch dafür die Reifen zu tauschen. Ana will versuchen die Reifen bis zum nächsten Montag zu besorgen. Ich soll zwischen 9 und 10h kommen. Die Ersatzteile die meine Sandra im Gepäck haben wird, kann ich gern mitbringen.
Als wir soweit fertig sind verabschiedet Ana sich wieder, sie muss zurück in ihr Büro. Ich bin jetzt eigentlich fertig, aber inzwischen schüttet es wie aus Eimern. Was für ein Elend. So stehe ich wie bestellt und nicht abgeholt neben dem Rolltor der großen Werkstatt. Der Monteur der sich mein Motorrad angeschaut hat, dreht sich plötzlich um, stürmt nach draußen in den Regen und kommt mit meiner BMW wieder herein. Während ich darauf warte, dass der Regen endlich aufhört, beginnen er und einer seiner Kollegen mit reichlich Druckluft meinen Tankrucksack trocken zu legen. Danach holen sie etliche Putztücher heraus und putzen mein Motorrad, wie cool ist das denn?
Der Regen ist inzwischen so heftig, dass es mehrere Meter weit in die geöffnete Halle hineinregnet. Einer der Auto-Monteure kommt plötzlich mit einer fahrbaren Reinigungsmaschine angedüst und legt den hellgrau lackierten Boden der Werkstatt trocken. In der Motorradecke ist inzwischen auch alles nass und rutschig. Nachdem mein Motorrad trocken und sauber ist, holen sie einige Wischmobs hervor und beginnen damit ihren Werkstattbereich ebenfalls trocken zu legen. So einen Regen habe ich auf den Kanaren noch nie erlebt und ich war schon sehr oft hier!
Nach einer Weile kommt einer der Mitarbeiter, spannt einen Schirm auf, winkt mir zu und sagt das freundliche Wort „Coffee!!“. Da sage ich nicht nein. Mit einem leckeren Cappuccino in der Hand kann ich mir die Verkaufsräume anschauen, wobei mir der BMW i8 sehr ins Auge springt. Dieses Ding sieht einfach gut aus, leider ist er mit 156.000 Euro nicht ganz preiswert.
Nach etwa einer Stunde hört der Regen endlich auf, mein Motorrad wird mir abfahrbereit auf den Hof gestellt und es geht wieder zurück nach Maspalomas. Gleich nach den ersten Metern ist die Freude aber schon getrübt. Am Kreisverkehr steht alles unter Wasser. Einige Mitarbeiter der Stadtwerke bemühen sich nach Kräften einen Gully zu öffnen, damit das viele Regenwasser endlich abfließen kann. Aber es klappt nicht. Der Stau ist inzwischen gewaltig. Schließlich schaffe ich es aber doch auf die Autobahn und bin froh, nicht auf der gegenüberliegenden Seite im echt langen Megastau festzustecken.
In der Nähe des Flughafens halte ich kurz bei einer Tankstelle an und montiere meine GoPro 3+ samt Polaroid Graufilter an mein Motorrad. Nun geht es weiter in Richtung Maspalomas.
Im Hotel angekommen ist dort so richtig „heile Welt“. Überall liegen ältere Menschen faul in der Sonne am Pool und lesen ein Buch, oder wischen auf kleinen Elektrogeräten herum. Meine kurze Hose ist inzwischen auch schon wieder trocken. Das Zimmermädchen war da und ich habe jetzt DREI Rollen Toilettenpapier im Bad, was für ein unglaublicher Luxus. Wie hatte es erst neulich einer meiner Facebook-Freunde geschrieben: Der nächste Durchfall kann kommen…
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