Tag 42 – Naviera Armas – Volcán del Teide – Tag 2

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Das Fährschiff Volcano de Tenerife der Reederei Naviera Armas ist in ganz ordentlichem Zustand und noch relativ neu. Es gibt drei Decks, einen winzigen Pool, eine Caféteria und ein kleines Selbstbedienungsrestaurant. In mehreren Abschnitten gibt es die so genannten Pullman-Seats. Wer keine Kabine mehr ergattern konnte, der muss mit einem solchen Sitz vorlieb nehmen. Die Pullman-Seats erinnern an die Sitze die man früher bei der Lufthansa in der Business-Class vorfand. Es sind recht große schwere Ledersessel auf denen man relativ bequem seine Zeit absitzen kann.

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Meine erste Nacht auf der Volcano de Tenerife war trotzdem recht anstrengend. Zwar wurde am Abend das Licht etwas gedämpft, es gab keine lauten Durchsagen mehr und auch die „Dudel-Musik“ wurde am frühen Abend endlich abgestellt, aber überall auf dem Schiff ist es entsetzlich kalt. Wer es kennt ist vorbereitet und so sehe ich überall Gäste die sich unter warmen Decken versuchen in ein Sofa zu kuscheln. Leider haben alle Sofa usw. immer Mittellehnen, so dass man sich praktisch nirgendwo lang ausstrecken kann, selbst wenn keine anderen Gäste in der Nähe sind.

Während ich am Abend versuche auf meinem Pullman-Seat etwas Ruhe zu finden wird von Stunde zu Stunde kälter. Zum Sonnenuntergang war es auf der westlichen Seite der Fähre noch sehr angenehm, aber gegen Mitternacht ist es richtig kalt. Nun bin ich mehr als froh, dass ich eine lange Hose anhabe und dass ich in meinem Rucksack (BMW Function 4) das Biker-Shirt habe, dass mir Mirko und Silke vom Café Fahrtwind geschenkt haben. Letztlich stülpe ich nicht ein Halstuch über und ziehe sogar meine dicke Motorrad-Lederjacke an. Die Reißverschlüsse mache ich allesamt bis ganz nach oben zu und so kann ich es halbwegs aushalten.

Obwohl es eng und unbequem ist, schlafe ich tatsächlich irgendwann ein und werde am Morgen um 7h von meinem Handwecker aus dem Schlaf gerissen. Ich hatte vergessen ihn nach der letzten Aufstehprozedur im Hotel Monte Conquero in Huelva zu deaktivieren, so ein Mist. Nachdem ich etwas an meinem Telefon herumgefingert habe, ist der Wecker endlich aus. Ich bin so müde, dass ich tatsächlich noch einmal kurz einschlafe. Leider habe ich nicht bedacht, dass es noch den „Reserve-Wecker“ um 7:30 gibt. Ahhh, hört dieser Terror den niemals auf?

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Egal, um 7:35 kann ich die Augen offen halten und halbwegs klar denken. Ich müsste mal die Zähne putzen und eine saubere Toilette wäre auch nicht schlecht. Während das mit dem Zähneputzen noch ganz gut klappt, ist es praktisch unmöglich eine halbwegs saubere Toilette zu finden. Etwa die Hälfte der Toiletten ist mit Toilettenpapier verstopft und es schappt ein gelblich-braune Brühe in der Schüssel herum. Zwar gibt es überall Aufkleber auf denen in mehreren Sprache steht, dass man kein Papier in die Toilette werfen soll, weil sie sonst verstopft, aber scheinbar können viele Gäste selbst das nicht lesen.

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In den Toiletten die nicht  verstopft sind, gibt es kein Toilettenpapier mehr. Es ist wie verhext, in meinem Bauch grummelt und rumort es und eigentlich sind alle Waschräume inakzeptabel. Als mein Leib sich wieder etwas entspannt hat und während ich darauf hoffe, dass am Morgen eine Putzkolonne durch die Waschräume ziehen wird, schaue ich mal ob ich mir ein Frühstück organisieren kann. Im Selbstbedienungsrestaurant ist eine Frau damit beschäftigt mit Glasreiniger die Abtrennung zum Gastraum auch vom letzten aller Fingerabdrücke zu befreien. Schade, dass sie diese Tätigkeit auf das Restaurant beschränken wird. Als sie mich sieht, lässt sie sofort den Putzlappen fallen und flitzt hinter die Theke. Dort sind verschiedene Sorten Marmelade, Butter, Brötchen, Käse, Wurst, Rührei usw. ausgelegt. Es sieht aus wie ein Buffet, ist es aber nicht. Alles was man bräuchte um sich etwas Käse oder Wurst zu nehmen liegt auf der gegenüberliegenden Seite. Ich frage sie auf englisch ob ich ein kleines Frühstück bekommen kann. Sie sagt „Si“ und etwas auf Spanisch, das ich nicht verstehe. Dann breitet sie ihre Arme aus, so dass die Abteilung mit der Marmelade usw. umfasst würde. Anschießend geht sie von mir aus gesehen weiter nach links und weist mit ausgebreiteten Armen auf Wurst und Käse. Zuletzt steht sie vor dem Rührei und etwas das wie Kasseler aussieht, daneben schlabbriger Speck und kleine Pfannkuchen.

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Rein optisch macht das halbwegs etwas her und ich zeige auf das was ich gern hätte. DREI Sachen darf ich mir aussuchen. Ich wähle Rührei, Kasseler und Pfannkuchen. Dazu bekomme ich ein Brötchen und einen Becher Orangensaft. An der Kasse stehen noch Dosen auf den etwas mit Limon aufgedruckt ist, davon nehme ich auch eine Dose. Letztlich kostet alles zusammen 7,95 Euro. Voller Freude suche ich mir einen Platz und bin kurz darauf völlig enttäuscht. Alles ist kalt und schmeckt nach nichts. Salz und Pfeffer finde ich auch nirgendwo, was für eine Pleite. Dass ich mein Frühstück in einer der beiden Mikrowellen aufwärmen könnte, kommt mir leider erst in den Sinn als der Kellner es fast umangerührt wieder abgeräumt hat. Schade eigentlich, richtig warm wäre es vielleicht gar nicht so übel gewesen.

Ich streife etwas durch das Schiff und schaue mich recht weit oben an Deck etwas um. Dort sind etliche Hunde in kleinen Käfigen untergebracht und bellen kräftig um die Wette. Einige Hundebesitzer wollten ihren kleinen Lieblingen das nicht antun und haben sie aus den Käfigen geholt und an Deck spazieren geführt. Dort muss man jetzt aufpassen, dass man nicht in einen der vielen Hundehaufen tritt, die von den Hundebesitzern nicht entfernt wurden, obwohl Kehrbleche, Wischmobs und Wassereimer bereitstehen. Es ist eklig hier oben, also suche ich mir ein anderes Plätzchen.

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Schließlich lande ich am Heck des Schiffes, schaue auf das Meer hinaus und höre etwas Musik. Meine Motorradjacke habe ich noch an, denn obwohl das Thermometer in meiner Uhr etwa 25°C anzeigt, geht ein frischer Morgenwind und der fühlt sich noch recht kühl an. Hier neben dem Pool ist noch nicht viel los und eigentlich ist es ein schönes Plätzchen, aber die Tische sind klebrig und alles ist mit einem feinen Nebel aus Meerwasser überzogen. Außerdem sitze ich in Fahrtrichtung hinter den Auspuffrohren des großen Schiffsdiesels, hier ziemlich intensiv nach Abgasen und das nicht ganz witzig.

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Plötzlich kommt jemand um die Ecke und fragt mich ob ich der Fahrer der schönen blauen BMW bin, ja das bin ich. Es ist Stephan, er ist 71 Jahre alt, stammt aus Augsburg und lebt seit 2002 auf Gran Canaria. Er war mit dem Auto für sechs Wochen auf Fototour im Süden Spanien und ist jetzt auf dem Heimweg nach Gran Canaria. Beim Einchecken ist ihm mein Motorrad aufgefallen und nun hat er mich auf dem großen Schiff tatsächlich gefunden. Wir sitzen ein ganz Weile zusammen und unterhalten uns über sehenswerte Ort im Süden Spaniens. Schließlich gebe ich ihm eine meiner Visitenkarten und er schreibt mir seine Adresse auf Gran Canaria auf. Wenn ich in ein paar Wochen dort bin, soll ich mich mal melden, dann können wir eine Tasse Kaffee trinken und etwas über Fotografie philosophieren.

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Es ist jetzt ungefähr 10h und ich würde gern wissen wo wir gerade sind. Eine Internet-Verbindung gibt es hier auf dem Meer natürlich nicht. Aber auf meinem Smartphone hat sich Google-Maps noch wesentliche Teil des Kartenmaterials von Spanien, Marokko und den Kanaren gemerkt. Ich schalte mal das GPS ein und rund 60s später zeigt wird meine Position angezeigt. Es ist nur ein kleiner blauer Punkt und wenn ich mich drehe folgt ein winzige blaue Spitze meiner Bewegung, aber dieser kleine blaue Punkt gibt mir Hoffnung, wir haben schon 2/3 der Strecke bis nach Lanzarote zurückgelegt. Ich versuche die restliche Zeit im Kopf zu überschlagen und habe so den Eindruck, dass wir in etwa acht Stunden im Hafen von Lanzarote einlaufen sollten. Dort gibt es dann einen Stopp, bis alle Autos ausgeladen und die Gäste von Bord gegangen sind. Danach wird es weiter nach Gran Canaria gehen und irgendwann nach Mitternacht werden wir dann im Hafen von Santa Cruz de Tenerife einlaufen. Es sind jetzt nur noch 14 Stunden, das sollte irgendwie zu schaffen sein.

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Irgendwie ist es blöd, dass ich hier allein bin. Zwar gibt es einige wenige Deutsche, aber die überwiegende Zahl der Reisenden spricht nur Spanisch. Sich mit etwas entspanntem Small-Talk die Zeit zu vertreiben ist so kaum möglich.

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Später am Nachmittag klopft mir Stephan dann unerwartet auf die Schulter. Er hat sechs Wochen lang nur mit Kellnern und Hotelpersonal sprechen können und so sind wir beide froh, dass wir uns nach Herzenslust über schöne Fotolocations in Spanien und den Kanaren unterhalten können.

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So vergeht die Zeit schneller als gedacht und um etwa 16h laufen wir im Hafen von Lanzarote ein. Rund eine Stunde später geht es weiter nach Gran Canaria, die Fahrt dauert etwa 6 Stunden, so dass wir dort gegen 21h am Abend eintreffen. Eigentlich ist es schon 22h, aber wir sind jetzt in einer anderen Zeitzone und haben unterwegs die Uhren um eine Stunde zurückgestellt.

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Im Hafen von Gran Canaria haben wir fast zwei Stunden Aufenthalt die sich einfach nur quälend langsam dahinziehen. Es ist mehr als nervtötend, dass die Fähre jetzt so kurz vor dem Ziel mit diversen Containern be- und entladen wird. Aber wenigstens habe ich inzwischen eine halbwegs funktionstüchtige Toilette gefunden, das stimmt mich für den Rest der Reise halbwegs positiv. Die Fähre ich längst nicht ausgebucht und dennoch hat das Personal alle Hände voll zu tun. Die Toiletten wurden zwischendurch gereinigt und nun sind sie wieder halbwegs passabel. Allerdings sind sie teilweise schwer mitgenommen, was aber eher an den Gästen als an der Fährgesellschaft lieft. Ganze Toilettenschüsseln sind lose und stehen quer in ihrer Behausung. Bei einigen Toiletten hängen die Türen schief, weil die Gäste so heftig an den Türen gerappelt haben, dass auf der Rückseite alle Schrauben aus den Absperrwänden herausgerissen sind. Etwas nervig ist auch die krasse Klimatisierung der gesamten Fähre. überall liegen die Gäste mit Decken in den Ecken herum, denn es ist hier einfach tierisch kalt. Kaum ist man draußen, ist es angenehm warm, aber eben auch laut und es riecht nach Abgasen.

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Aber genug gemeckert, letztlich war es eine recht angenehme Überfahrt. Die See war herrlich ruhig und das große Schiff ist nur ganz seicht von Steuerbord nach Backbord und wieder zurückgerollt. Anfangs war mir mal ein wenig übel, aber dann habe ich zwei SUPERPEP Kaugummis aus der Apotheke gekaut und gleich wurde es wieder besser. SUPERPEP sind spezielle Kaugummis gegen Reisekrankheit und Übelkeit. Zunächst war ich ja skeptich, aber die Dinger funktionieren wirklich.

Letztlich waren es nun fast zwei Tage auf See und es war teilweise witzig zu sehen wie die Gäste in Schlangenlinien über die Flure der Fähre gelaufen sind, ich selbst war da keine Ausnahme und ich bin sehr gespannt wie es sich anfühlen wird in etwa 3 Stunden auf meinem Motorrad zu sitzen und durch die Nacht zur Finca San Juan auf Teneriffa zu fahren.

Ankunft auf Teneriffa

Im Internet hatte ich einige teils schaurige Geschichten gelesen über Leute deren Autos oder Motorräder einige Tage vom Zoll im Hafen von Santa Cruz festgehalten wurden weil der Verdacht bestand, dass diese auf Teneriffa verkauf werden könnten. Aufgrund der Lektüre dieser Geschichten bin ich kurz vor dem Anlagen des Schiffes etwas angespannt, ich weiß einfach nicht was dran ist an den Geschichten und was mich jetzt erwartet.

Während das Schiff an der Hafenmauer festgemacht wird, dürfen die Fahrgäste schon zu ihren Fahrzeugen. Als ich bei meiner BMW ankomme ist noch alles so wie ich es verlassen habe. Es ist nicht gestohlen worden und es wurde auch nichts beschädigt, mir fällt ein Stein vom Herzen. Schnell löse ich meinen eigenen Spanngurt und die beiden Spanngurte der Fährgesellschaft. Die Autos in der Mitte des Decks dürfen vor uns ausfahren und so warte ich mir etwa zehn anderen Motorradfahrern bis auch wir ausfahren dürfen. Während ich mein schwer beladenes Motorrad langsam und vorsichtig die steile Rampe herunter manövriere schaue versuche ich zu erkennen wohin die anderen Autos fahren und ob es irgendwelche Zöllner gibt die uns in Empfang nehmen. Aber es ist mitten in der Nacht und scheinbar haben sie heute keine Lust. Ich kann jedenfalls von der Fähre ohne auch nur kurz anzuhalten gleich in Richtung Autobahn weiterfahren, ich bin erleichtert.

Auf der Autobahn ist nicht viel los und als ich gerade beherzt den Gashahn aufreißen möchte überhole ich ein Polizei-Fahrzeug. Huch, das wäre jetzt wirklich blöd gewesen. Gut, dass ich es noch rechtzeitig gesehen habe! Mit 120 km/h geht es in Richtung Puerto de la Cruz und dann weiter an Los Realejos vorbei nach San Juan de la Rambla. Kurz bevor ich dort die Hauptstraße verlasse überholen mich zwei der anderen Biker die neben mir auf der Fähre gewartet haben. Sie hupen und winken fröhlich. Sicher sind sie genauso froh diese schier endlos lange Überfahrt endlich hinter sich gebracht zu haben.

Auf der Höhe der Ortschaft Tacoronte bin ich in einem kurzen Regenschauer nochmal kräftig nass geworden, aber während ich bei knapp 24°C zur Finca San Juan hinauffahre sind Hose und Schuhe schon fast wieder trocken. Bei der Finca angekommen brennt abei Zimmer 104 im Haus „Teneriffa“ das Licht und es steckt ein Schlüssel in der Türe, großartig! Home sweet home, ich habe es geschafft, nach 42 Tagen auf der Straße bin ich an meinem wichtigsten Reiseziel angekommen, ich bin auf der Finca San Juan auf Teneriffa und es fühlt sich hier alles einfach nur gut an. Schnell räume ich meine Motorrad ab und knipse noch das Cockpit meine BMW mit meinem Smartphone.

Nach lokaler Zeit ist es jetzt 4:33. Ich bin allerdings mit der Fähre schon in die nächste Zeitzone gefahren, also ist es 3:33. Die Fähre ist wegen des langen Aufenthaltes im Hafen von Gran Canaria mit etwa zwei Stunden Verspätung auf Teneriffa eingetroffen.

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Morgen will ich mich bereits um 10:30 mit meinem Freund Wolfgang bei der kleinen Bar namens Pepito im deutsch dominierten Stadtteil von Puerto de la Cruz mit dem schönen Namen „La Paz“ treffen. Schauen wir mal ob ich dann schon ausgeschlafen bin 🙂

3 Kommentare zu “Tag 42 – Naviera Armas – Volcán del Teide – Tag 2

  1. Wesley Molas (Mr.Wiesio)

    Herzlichen Glückwunsch.
    Trauminseln erreicht !
    Nicht ausgeschlafen aber gesund und glücklich.

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